Lastwagen und Autos stehen auf einer Autobahn dichtgedrängt im Stau.
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Foto: dpa, Marijan Murat
Der Landtag hat den Berliner Klimapakt auf Basis einer von der AfD beantragten Aktuellen Stunde zur CO2-Bepreisung diskutiert. Dieses Vorhaben solle den Staatshaushalt retten, nicht das Klima, meinte AfD-Fraktionschef Jörg Nobis. Es handele sich um eine „Benzinsteuer zur Bewältigung der Flüchtlingskrise“. Drei Cent pro Liter Sprit würden für das Klima nichts nutzen. Die Bepreisung von CO2, so Nobis, werde „das Ende der Produktivität in Europa“ bedeuten und sei „ein Raubzug der Großen Koalition gegen die Bürger“.
CDU-Fraktionschef Tobias Koch hielt der AfD eine klägliche und „laienhafte Opposition“ vor. Stattdessen freute er sich, dass das Klimapaket viele Schleswig-Holsteinische Forderungen und Ideen enthalte. „Der eigentliche Clou“ im Klimapaket bestehe darin, die Mehreinnahmen aus der CO2-Bepreisung zielgerichtet für die Senkung der EEG-Umlage einsetzen zu können, betonte Koch. Denn beim Zertifikatshandel handele es sich nicht um eine Steuer.
Pionierrolle Schleswig-Holsteins
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hielt der AfD vor, sie ignoriere jahrzehntelange Forschung und blende „schlicht und ergreifend Fakten aus“. Eine große Mehrheit wolle den Ausstieg aus fossilen Energien. „Das ist gut und richtig“, so Günther. Deutschland könne da Nachahmer in der Welt finden und Schleswig-Holstein eine echte Pionierrolle auf dem Weg in eine klimafreundliche Zukunft einnehmen. Bedauerlich nannte der Regierungschef die Flaute für Windenergie. Grundsätzlich bewertete er die Vereinbarung in Berlin positiv.
Eka von Kalben, Fraktionschefin der Grünen, forderte, die Politik müsse wieder stärker der Wissenschaft glauben und folgen und nicht „Populisten und Verschwörungstheoretikern, die den Klimawandel leugnen“. Das Klimapaket des Bundes sei „allenfalls ein Päckchen“. Es gebe richtige Ansätze wie Einstieg in einen CO2-Preis, geringere Deckelung von Windenergie und Photovoltaik, Vergünstigung des Bahnverkehrs und Verteuerung von Inlandsflügen. Das Paket sei aber zu wenig ambitioniert, sagte von Kalben und forderte, das Land müsse handeln. Es müsse Schluss sein mit „Pillepalle“.
SPD: Politik hat zu lange geschlafen
Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) mahnte, die Gesellschaft habe beim Klimaschutz noch „einen Weg vor sich“. Dabei müssten alle Bürger mitgenommen werden. Das Klimapaket sollte man weder bejubeln noch verteufeln. Eine CO2-Bepreisung sei grundsätzlich gut, „wenn sie sozial abgefedert ist“, betonte er. Geringverdiener dürften aber nicht zusätzlich belastet werden. Stegner räumte ein: Die Politik habe zu lange geschlafen.
Man könne Klimaschutz nicht nur unter Kostenaspekten betrachten, unterstrich Oliver Kumbartzky (FDP). AfD-Fraktionschef Nobis hielt er vor, er habe „zwölf Minuten CO2 erzeugt“ und dabei „völlig faktenfrei und verantwortungslos dahergeredet“. Das Klimapaket nannte Kumbartzky, „keinen großen Wurf“, es sei aber auch nicht alles schlecht. Er forderte einen „reinen Emissionshandel“, der auf die Sektoren Wärme und Verkehr ausgeweitet werden solle.
SSW: Windenergie liegt brach
SSW-Mann Harms beschwerte sich, die Jamaika-Regierung mache beim Klimaschutz „wenig bis gar nichts“. Die Umwelt- und Nachhaltigkeitskriterien bei öffentlichen Ausschreibungen seien gestrichen worden. „Klimaschonende Naturwälder wie der Preesterholt werden einfach gerodet. Der Natur- und Küstenschutz bei der Windenergieplanung wurde aufgeweicht, die Windenergie selbst zum Erliegen gebracht“, so Harms.
Diskussion um CO2-Verbot
Ein weiteres Thema war die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid mit der CCS-Technik (CCS = Carbon Capture and Storage – Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid). Wie bereits 2014 im Landtag beschlossen, soll in Schleswig-Holstein weiterhin kein CO2 in den Boden gepresst. Der Landtag diskutierte auf Grundlage eines Dringlichkeitsantrags des SSW und eines von der SPD unterstützten Alternativantrags der Jamaika-Koalition allerdings kontrovers. Trotz Einigkeit in der Sache, kam es zu einer Abstimmung vorerst jedoch nicht. Konfliktpunkt ist die SSW Forderung, dass das CCS-Verbot auch außerhalb der 12-Seemeilenzone gelten soll. Dieser Passus fehlt im Alternativantrag. In der Mittagspause wollen sich die Abgeordneten auf einen möglicherweise fraktionsübergreifenden Antrag einigen.
Hintergrund: Nach Ansicht des SSW schließt der Berliner Klimapakt eine CCS-Technologie zur Speicherung und Nutzung von CO2 nicht aus. Leider habe die große Koalition in Berlin das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt, sagte SSW-Mann Harms. CCS wäre ein Beitrag dazu, weiterhin so „herumzusauen“ wie bisher. Das sei der absolut falsche Weg; der Widerstand der Bürger groß.