Finanzministerin Monika Heinold steht im Plenarsaal am Mikrofun und hält eine Rede zum Sanierungsprogramm IMPULS
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Foto: dpa, Markus Scholz
Zwischen Landesregierung und Opposition liegen Welten bei der Bewertung des von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) vorgelegten Jamaika-Haushalts für 2020. Heinold betonte, die Landesregierung gestalte den Wandel in Zeiten schwieriger werdender Rahmenbedingungen aktiv, und sie „übernimmt Verantwortung für zukünftige Generationen“. Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) bescheinigte Jamaika dagegen eine „schwache Zwischenbilanz“. Die Regierungskoalition mit ihren „wachsenden Widersprüchen und Streitigkeiten“ sei „zur Halbzeit gescheitert“, so der Fraktionschef der SPD.
Die Finanzministerin wies in der Grundsatzberatung des Etats für das kommende Jahr darauf hin, dass sich die Konjunkturaussichten eintrüben und das Land „keinen Speck auf den Rippen“ habe. Schon jetzt fehlen laut Heinold jährlich 930 Millionen Euro, um alle Aufgaben erledigen zu können. Trotz ihrer mahnenden Worte ist der Haushalt 2020 mit geplanten 13,1 Milliarden Euro Einnahmen und 13,05 Milliarden Euro an Ausgaben ausgeglichen. 36 Millionen Euro werden für die Tilgung der Altschulden ausgegeben, 492 Millionen Euro fallen an Zinsen an. Das Zahlenwerk beinhaltet weiter Personalausgaben in Höhe von 4,7 Milliarden Euro . Das Volumen des kommunalen Finanzausgleichs wächst auf 1,9 Milliarden Euro. 1,3 Milliarden Euro sind für Investitionen vorgesehen, damit beträgt die Investitionsquote 10,1 Prozent.
Ökologisch wachsen
Angesichts der ernsten Lage müssten Schwerpunkte gesetzt werden, betonte die Ministerin. Klimaschutz, Bildung, Infrastrukturausbau und Digitalisierung seien die Kernthemen der Jamaika-Koalition. Und, so Heinold: Ökologisches Handeln bedeute auch ökonomisches Wachstum „im Land der Energiewende“. 2020 würden zum Beispiel 22 Millionen für Elektro-Mobilitiät und fünf Millionen für Bürger-Energieprojekte eingesetzt sowie eine Million Euro für ein Sonderklimaschutzprogramm aufgelegt. Zudem seien 250 Millionen Euro für Digitalisierung vorgesehen, davon alleine 18 Millionen für das Projekt „Schulen ans Netz“.
In ihrer Rede strich Heinold zudem heraus, der Einsatz für Steuergerechtigkeit und gegen Steuerbetrug werde in Schleswig-Holstein weiter intensiviert. Es sei „ein Unding“, dass es noch immer keine zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen gebe, um gegen manipulierte Ladenkassen vorzugehen.
„Männerlastige Schönwetter-PR“
Oppositionsführer Stegner nahm die von Heinold angesprochen ökologische Ausrichtung des Haushalts aufs Korn. Die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, die sich Jamaika auf die Fahne geschrieben hatte, sei misslungen – „ich finde in dem Haushalt nichts zum Klimaschutz“, kritisierte er. So reiche die Regierung etwa beim Thema Windenergie den Schwarzen Peter an die Bundespolitik weiter. Stegner: „Die Werte der Landesregierung zeigen, was sie gerne wäre; ihre Taten zeigen, was sie tatsächlich ist.“ Es fehle insgesamt an klaren Linien und Lösungen.
„Wo sind die Initiativen?“, fragte Stegner. Statt Antworten auf soziale und bildungspolitische Fragen wie die Wohnungsnot oder den Lehrermangel an Grundschulen zu suchen, betreibe CDU-Regierungschef Daniel Günther anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit „männerlastige Schönwetter-PR“. „Ein Kompass für soziale Fragen fehlt“, sagte Stegner. Schleswig-Holstein sei durch die mittelstandsfreundliche Politik derzeit „der Lohnkeller der Republik im Westen“ und „das arbeitnehmerfeindlichste Bundesland“. Das aber gehe zu Lasten der Zukunftsfähigkeit: „Der Kampf um die klügsten Köpfe hat längst begonnen“, betonte der Oppositionsführer.
Weitere Stimmen aus dem Plenum
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch
…lobte den Haushalt als „klaren Plan mit eindeutigen Schwerpunkten“. Jamaika investiere doppelt so viel, wie die Vorgängerregierung eingeplant hat, sagte er. Das Wirtschaftswachstum liege mittlerweile gleichauf mit Bayern. „Und all das schaffen wir im Rahmen der Schuldenbremse“, so Koch. Er sprach sich klar für die Verpflichtung zur Haushaltskonsolidierung aus. Nur dank der Schuldenbremse sei es gelungen, wieder Spielräume zu erarbeiten. „Wir dürfen nicht über unsere Verhältnisse leben“, mahnte er.
Koch erklärte, die Anzeichen stünden auch 2019 gut, dass der Haushalt besser abschließe als geplant. Überschüssiges Geld solle dann in das Sonderprogramm Moin SH zur Förderung von Mobilität und Innovation des Schienenpersonennahverkehrs fließen. Auch weitere Investitionen, etwa beim Breitbandausbau, würden ebenso ermöglicht wie weitere finanzielle Hilfen für die Kommunen. Der Fraktionschef der Union forderte zudem, eine „nennenswerte Summe für Aufforstungsmaßnahmen“ noch in den Haushalt hineinzubringen.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eka von Kalben,
…machte an die SPD gerichtet deutlich, dass es in der Politik nicht die eine Lösung geben könne. „Wir können nicht alle gleichermaßen glücklich machen“, betonte von Kalben. Politik müsse immer einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen finden. Die Zusammenarbeit der drei Regierungsparteien gelinge deshalb so gut, „weil wir verschiedene Blickwinkel haben“. Ihre Bilanz: „Wir haben schon viel erreicht und noch viel mehr vor.“ Sie verwies dabei auch auf die Herausforderungen der kommenden Jahre. Mit dem demografischen Wandel, der HSH Nordbank-Pleite und dem Abbau des Sanierungsstaus habe das Land einiges zu schultern, um „Schulden für zukünftige Generationen zu verhindern“.
Einen Schwerpunkt in ihrem Redebeitrag legte von Kalben auf den Klimaschutz. „Die Einhaltung der Klimaziele hat für uns höchste Priorität.“ Dabei spiele das Thema „im Grunde in allen Bereichen eine Rolle“ – ob in der Bildung, beim Umweltschutz, der Energiewende, bei der E-Mobilität oder beim Ausbau von Fahrradwegen. Ziel sei es, dem Klimaschutz einen „positiven Spin“ zu geben; das Thema sei ein gemeinsames Projekt, eine „Jamaika-Geschichte“. Die Politik müsse dabei, so von Kalben, die Rahmenbedingungen setzen und gleichzeitig Anreize für jeden einzelnen geben, etwa mit Fördermaßnahmen.
FDP-Fraktionschef Christopher Vogt
…nutzte die Debatte vor allem zur Kritik an der Bundesregierung. Das in Berlin beschlossene Klimapaket nannte er „kleinteilig“, es biete wenig Effizientes. Vogt sprach sich für eine „marktwirtschaftliche und sektorenübergreifende CO2-Bepreisung“ aus. Nur mit Verteuerungen und Verboten werde man die Gesellschaft weiter spalten, mahnte er. Zudem forderte er weitere Förderprogramme der Bundesregierung, etwa für den Ausbau des Mobilfunknetzes.
Auf Landesebene verlangte der Liberale eine Mindest-Investitionsquote von zehn Prozent in der Verfassung zu verankern. Es sei ein richtiges Zeichen, dass mit Investitionen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro das Land auch 2020 wieder über der Zehn-Prozent-Marke liege. Die vorhandene „strukturelle Wachstumsbremse“ müsse vor allem dadurch gelöst werden, dass Infrastruktur saniert und ausgebaut werde. „Wenn wir weniger Schlaglochpisten haben, die einen zwingen, mit 30 oder 40 Stundenkilometern über die Landstraße zu gurken, ist das gut“, so Vogt. Zudem müsse beim Standort- und Tourismusmarketing mehr getan und der Technologie- und Wissenstransfer ausgebaut werden.
AfD-Fraktionschef Jörg Nobis
…warf der Politik Steuerverschwendung vor. Im Durchschnitt gingen inzwischen mehr als die Hälfte des Einkommens an den Staat. „Der deutsche Steuerzahler ist die beste Melkkuh schlechthin“, sagte Nobis. Vor diesem Hintergrund erhob er scharfe Kritik an einer CO2-Steuer. Schließlich seien die Strompreise in Deutschland schon jetzt die höchsten der Welt.
Ein Wille zum Sparen sei auch bei der Jamaika-Regierung nicht erkennbar, sagte Nobis. Zu hohe Mehreinnahmenerwartungen und eine nicht vorhandene Ausgabendisziplin „werden sich bitter rächen“. Der AfD-Mann warf Ministerin Heinold vor, die Bürger über die tatsächlichen Kosten für Integration im Unklaren zu lassen. Denn einige indirekte Kosten, wie etwa Personalstellen an Gerichten und Kitas, würden in den Zahlen der Landesregierung nicht berücksichtigt. „Eine Willkommenskultur für Wölfe und Flüchtlinge ist dieser Regierung wichtiger als die eigenen Staatsbürger“, so Nobis.
Lars Harms, der Vorsitzende des SSW im Landtag,
…strich in seiner Rede drei Themenkomplexe heraus, an denen er negative Kritik äußerte: Er rief die Landesregierung auf, das Weihnachtsgeld für Beamte wiedereinzuführen. Mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung sei es an der Zeit, „dieses Versprechen einzulösen“. Außerdem müsse es einen fairen Finanzausgleich mit den Kommunen geben. Harms kritisierte „Finanztricks“ und forderte: „Geben Sie den Kommunen, was ihnen zusteht.“ Und beim Thema Klimaschutz machte er deutlich, dass mit sinkenden Mitteln für die Neuwaldbildung oder den Moor-Schutz ein „völlig falsches Signal“ ausgesendet würde. Er warb dafür, stattdessen im Agrarbereich Fördermittel zu streichen.
Positiv hob der SSW-Mann hervor, dass auch „Vorschläge des SSW Eingang in den Haushalt gefunden haben“. Das sei etwa die bessere Besoldung der Grundschullehrer oder die Zuschüsse für Familienbildungsstätten. Auch der Heimatbund als „wichtiger Kulturträger“ bekomme auf Initiative des SSW mehr Geld, so Harms. Sein Fazit: „Der Haushalt hat seine Stärken und seine Schwächen. Für uns gilt, wir werden immer den Anspruch haben, für unsere Politik zu werben.“
Der Haushaltsentwurf und alle weiteren Vorlagen dieser Debatte wurden an den Finanzausschuss überwiesen.
Weitere Redner:
Ole-Christopher Plambeck (CDU), Beate Raudies (SPD), Lasse Petersdotter (Grüne), Annabell Krämer (FDP)