Die Landesregierung wird sich im Bundesrat für härtere Maßnahmen gegen Mietwucher einsetzen. Das kündigte der für den Wohnungsbau zuständige Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) in einer von der SPD auf die Tagesordnung gesetzten Aktuellen Stunde an. Für die SPD reicht das nicht aus. Schleswig-Holstein halte „am Irrweg fest und will das Kind mit dem Bade ausschütten“, nahm Oppositionsführer Ralf Stegner die Ankündigung der Jamaika-Koalition aufs Korn, die Mietpreisbremse im Land im November auslaufen zu lassen.
Die Abkehr von der Mietpreisbremse sei, so Stegner, „ein trauriger Kniefall vor Spekulanten und Renditejägern“. CDU und FDP fehle „der soziale Kompass“, die Grünen ließen sich „an die Wand spielen“. Die stetig steigenden Mietpreise nannte der SPD-Fraktionschef „eines der größten sozialen Probleme unserer Zeit“ und Ausdruck eines „defekten Marktes“.
Jamaika setzt auf Neubau
Der Wohnungsmangel könne nur durch den Neubau und nicht durch „partielle Regelungen der Miete in bestimmten Orten“ verbessert werden, hielt Wohnungsbau-Minister Grote dagegen. Die weitere Verschärfung der Mietpreisbremse auf Bundesebene nannte er „aufs Prinzip Hoffnung gesetzt“. Es sei falsch zu glauben, man müsse an einem Instrument nur lange genug Änderungen vornehmen, dann würde es irgendwann etwas Positives hervorbringen. Das Grundproblem werde damit nicht gelöst. Grote: Im Wirtschaftsstrafrecht gebe es bereits Möglichkeiten, gegen Mietwucher vorzugehen. Das müsse konsequenter genutzt werden. Ziel sei eine Regelung gegen schwarze Schafe und nicht gegen Vermieter, betonte der Minister.
Hintergrund: In Berlin haben die Regierungspartner CDU und SPD vergangene Woche beschlossen, die 2015 ins Leben gerufene Mietpreisbremse um fünf Jahre bis zum Jahr 2025 zu verlängern und in Teilen zu verschärfen. Die Position der Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein, neuen Wohnraum zu schaffen statt Mietpreise zu begrenzen, unterstrich Peter Lehnert (CDU). Es werde in Kürze einen Wohnentwicklungsplan geben und ein Wohnungsbauprogramm mit 800 Millionen Euro umgesetzt, kündigte er an. Er verwies darauf, dass es schleswig-holsteinische Sozialdemokraten gewesen seien, die in ihrer Regierungszeit zehntausende landeseigene Wohnungen „zu Schleuderpreisen“ an große Immobilienkonzerne verkauft habe.
Liberale fordern Prämien und Freibeträge
Auch die Fraktionsvorsitzender Grünen, Eka von Kalben, nannte die Mietpreisbremse „ein stumpfes Schwert“. Wenn es genügend Wohnraum gebe, könnten Mieten auch nicht steigen. Christopher Vogt (FDP) erklärte, die Mietpreisbremsen hätten „noch nie“ in Deutschland zu guten Ergebnissen geführt. „Der Staat allein wird das Problem nicht lösen.“ Die Liberalen seien nicht unbedingt für eine Senkung der Grunderwerbssteuer, eher für Prämien oder Freibeträge für junge Familien. Auch AfD-Fraktionschef Jörg Nobis sprach sich für mehr Neubau aus. Mit „bürokratischen Fesseln“ würden gerade kleine und mittelständische Vermieter „drangsaliert“. Die Energiewende treibe zudem die Mietnebenkosten nach oben, so Nobis.
14 Prozent der Bevölkerung in Schleswig-Holstein, die von einer Mietpreisbremse profitieren, werden von der Jamaika-Koalition „vor den Kopf gestoßen“, ereiferte sich Lars Harms (SSW). Die angekündigte Erhöhung des Wohngelds bringe bei steigenden Mieten ohne Begrenzung nichts. „Da freut sich der Vermieter, dass er das Geld auch noch einstreichen kann“, so Harms. Das geplante Neubauprogramm sei gut für künftige Generationen, helfe aber nicht akut, kritisierte Harms.