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29. August 2019 – August-Plenum

Zweifel an einer Landarzt-Quote

Die AfD will Medizin-Studienplätze für Bewerber reservieren, die eine Land-Praxis übernehmen. Bei Vertragsbruch sollen saftige Strafen drohen. Aus den anderen Parteien kam Skepsis.

Ein Schild weist an der Eingangstür auf eine Landarztpraxis hin.
Ein Schild weist an der Eingangstür auf eine Landarztpraxis hin.
© Foto: dpa, Holger Hollemann

Die AfD fordert eine „Landarztquote“ für das Medizinstudium. Damit soll der Ärztemangel in Teilen Schleswig-Holsteins bekämpft werden. Zehn Prozent der Studienplätze in Kiel und Lübeck sollen demnach an Bewerber gehen, die sich verpflichten, zehn Jahre lang als Hausarzt in einer unterversorgten Region zu arbeiten. Das wäre auch eine Einstiegsmöglichkeit für Schulabgänger ohne Einser-Abitur, die ansonsten Warte-Semester ableisten müssten. Kritik gab es insbesondere an einer in den Gesetzentwurf hineingeschriebenen Strafzahlung bei Bruch der Verpflichtung.

Im Lande gebe es 1.968 Hausärzte, so Claus Schaffer (AfD). Rund ein Drittel von ihnen sei älter als 60 Jahre. Andere Bundesländer wie Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt seien diesen Schritt bereits gegangen, in NRW starte die Quote zum kommenden Wintersemester. „Der Ansturm auf die Studienplätze dort ist gewaltig“, betonte Schaffer. Angehende Mediziner müssen sich dem AfD-Modell zufolge zu einer Strafzahlung von 250.000 Euro verpflichten, sollten sie ihre Land-Praxis frühzeitig aufgeben oder den Posten gar nicht erst antreten.

Strafzahlung stößt auf Kritik

Die Quote könne allenfalls eine in einem „Bündel von Maßnahmen“ sein, sagte Hans Hinrich Neve (CDU). Ein Kernproblem sei die „geringe Bereitschaft“ vieler Jung-Mediziner, die Arbeitsbelastung und das finanzielle Risiko einer Selbständigkeit auf sich zu nehmen. Die Kommunen müssten daher von sich aus Ärztehäuser und Gesundheitszentren bereitstellen. Besser als eine „betonierte Quote“ sei es, die Bedingungen attraktiver zu gestalten, befand auch Bernd Heinemann (SPD). Andere Schritte seien der Ausbau der „Telemedizin“, also der Fern-Sprechstunde per Internet, oder auch „Hol- und Bringdienste“ für Patienten.

Marret Bohn (Grüne) störte sich an der geplanten Strafzahlung: „Wenn Sie während des Studiums merken, dass Sie ein Talent für Chirurgie haben, dann müssen Sie 250.000 Euro zahlen, um Ihren Traumberuf zu erreichen.“ Bis der erste Quoten-Arzt auf dem Land ankomme, werde viel Zeit vergehen, wendete Dennys Bornhöft (FDP) ein: „Vor 2032 wäre kein einziger der angehenden Landärzte wirklich am Praktizieren.“

Schleswig-Holstein besser als andere Länder

Jette Waldinger-Thiering (SSW) fand es „falsch, junge Leute zu der Entscheidung zu zwingen, welchen Beruf sie in 20 Jahren ausüben wollen.“ Das gehe „an der Lebenswirklichkeit vorbei“. Stattdessen plädierte sie für eine „Buschzulage“ – eine bessere Vergütung für Ärzte in entfernten Gegenden. „Schleswig-Holstein hat bundesweit die mit Abstand beste Nachbesetzungsquote bei Ärzten“, unterstrich Sozialminister Heiner Garg (FDP): „Wir haben, bezogen auf die Bevölkerung, deutlich mehr Medizinabsolventen als in NRW.“

Der Sozialausschuss berät den Gesetzentwurf weiter.

Die AfD fordert eine „Landarztquote“ für das Medizinstudium. Damit soll der Ärztemangel in Teilen Schleswig-Holsteins bekämpft werden. gefordert. Zehn Prozent der Studienplätze in Kiel und Lübeck sollen demnach an Bewerber gehen, die sich verpflichten, später zehn Jahre lang als Hausarzt in einer der unterversorgten Regionen des Landes zu arbeiten. Pro Jahr treten rund 500 Erstsemester im Lande ein Medizinstudium an.

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen soll entscheiden, welche Regionen unterversorgt sind. Das Land soll diese Festlegung regelmäßig überprüfen. Angehende Mediziner müssen sich dem Modell zufolge vor Antritt des Studiums vertraglich zu einer Strafzahlung in Höhe von 250.000 Euro verpflichten, sollten sie ihre Land-Praxis frühzeitig aufgeben oder den Posten gar nicht erst antreten. Die Summe entspricht in etwa den Kosten eines Medizinstudiums. Die Regelung könne bis zum Wintersemester 2020/21 umgesetzt werden, betont die AfD.

Viele Hausärzte kurz vor der Rente

Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gibt es im Norden 1.968 Hausärzte. Rund ein Drittel von ihnen ist älter als 60 Jahre. Es gebe im Land aktuell 18,5 freie Hausarzt-Sitze, so die KV. Allein im Raum Husum bestehe Bedarf für mehr als zehn weitere Ärzte. Zum Wintersemester 2019/20 führt Nordrhein-Westfalen eine Landarztquote in Medizin-Studiengängen ein. Auch in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz gibt es derartige Gesetze, in Bayern und Mecklenburg -Vorpommern wird darüber diskutiert.

Im Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und FDP aus dem Jahr 2017 heißt es: „Um die Bindung der Studierenden an unser Bundesland zu erhöhen, werden wir zehn Prozent der Medizinstudienplätze an Personen vergeben, die sich nach Abschluss des Studiums und der fachärztlichen Weiterbildung verpflichten, als Ärztin oder Arzt in unterversorgten Regionen zu praktizieren.“ Mehr als zwei Jahre nach dieser Ankündigung sei Jamaika jedoch noch immer nicht tätig geworden, moniert die AfD.

(Stand: 26. August 2019)

Vorherige Debatte zum Thema:
September 2018 (Kinderärzte)

Erste Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum
Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1612