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19. Juni 2019 – Juni-Plenum: Eingliederung

„Teilhabe­stärkungs­gesetz“ umsetzen

Das „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen“ erfordert landesrechtliche Anpassungen. Der Landtag berät einen zweiten Umsetzungsentwurf.

Eine Rollstuhlfahrerin fährt einen Flur in einer Wohnanlage entlang.
Eine Rollstuhlfahrerin fährt einen Flur in einer Wohnanlage entlang.
© Foto: dpa, Patrick Seeger

Zum 1. Januar 2020 tritt die dritte und letzte Stufe des Bundesteilhabegesetzes, das die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung stärken soll, in Kraft. Um die neuen Bundesregelungen in Landesrecht umzusetzen, hat die Landesregierung ein weiteres Umsetzungsgesetz vorgelegt, das der Landtag nun beraten und an den Sozialausschuss überwiesen hat.

Sozialminister Heiner Garg (FDP) bezeichnete die Reform als „Mammutprojekt“. Die größte Herausforderung bei der Umsetzung sei es, „die Veränderungen mit Leben zu füllen“. Insgesamt sei das neue System weniger kompliziert und leiste einen „zentralen Beitrag zur Gleichbehandlung für Menschen mit Behinderung“.

SPD ist nicht zufrieden

Vertreter aller Fraktionen wiesen auf den großen Umfang des Projekts hin. So sprach Andrea Tschacher (CDU) von einem „Systemwechsel“. Die Reform erfordere einen „sehr umfassenden Umstellungsprozess“. Aminata Touré (Grüne) sieht in der Umsetzung des Bundesgesetzes in Landesrecht eine „anspruchsvolle Aufgabe“. Mit dem zweiten Teilhabegesetz gehe es nun ans „Eingemachte“.

Kritik kam aus der Opposition. Wolfgang Baasch (SPD) machte deutlich, dass die Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den existenzsichernden Leistungen, dass das zweite Teilhabestärkungsgesetz vorsieht, zu „Sorgen und Befürchtungen“ bei Betroffenen führe. Außerdem würden der neuen Arbeitsgemeinschaft im Gesetzestext „keine konkreten Aufgaben mehr zugeschrieben“. Seine Befürchtung: Beteiligung von Menschen mit Behinderung werde damit nur vorgegaukelt.

Trennung von Eingliederungs- und Fürsorgeleistungen

Mit dem neuen Gesetz sollen Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den existenzsichernden Fürsorgeleistungen getrennt werden. Das sieht die letzte Reformstufe des Bundesteilhabestärkungsgesetzes vor, die am 1. Januar 2020 in Kraft tritt. Das Recht auf Eingliederungshilfe wird vom SGB XII herausgelöst und in das SGB IX integriert. Die Eingliederungshilfe soll sich zukünftig ausschließlich auf die reinen Fachleistungen konzentrieren. Diese bestimmen sich dann nicht mehr nach der Leistungsform ambulant und stationär, sondern erfolgen personenbezogen.

Weitere Redner:
Dennys Bornhöft (FDP), Claus Schaffer (AfD), Flemming Meyer (SSW)

Der Landtag wird sich in Erster Lesung mit dem zweiten Teil der Umsetzung des neuen „Teilhabestärkungsgesetzes“ befassen. Hintergrund: Das neue Recht der Eingliederungshilfe mit seiner Herauslösung aus dem SGB XII tritt stufenweise bis 2020 in Kraft. Damit werden die Länder verpflichtet, eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden, um die Strukturen der Eingliederungshilfe weiterzuentwickeln. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen weitere landesrechtliche Vorschriften festgezurrt werden.

In dem Gesetzentwurf wird darauf hingewiesen, dass die Finanzierung von Ausgaben der Eingliederungshilfe im Verhältnis zwischen Land und Kommunen ab 2020 derzeit noch nicht geregelt sei. Die Vereinbarung der Landesregierung und den Kommunalen Landesverbänden vom 11. Januar 2018, wonach das Land für die durch das Bundesteilhabegesetz verursachten Mehrkosten anerkennt, „ist noch zu konkretisieren“. Regelungen seien im Haushaltsgesetz 2020 zu treffen, heißt es weiter.

Grundzüge des Teilhabegesetzes

Die dritte und letzte Reformstufe des Ende 2016 auf den Weg gebrachten „Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen“ sieht die Herauslösung der Eingliederungshilfe aus der Fürsorge und die Personenzentrierung von Leistungen vor. Die Eingliederungshilfe konzentriert sich künftig auf die reinen Fachleistungen. Leistungen der Eingliederungshilfe werden von der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung getrennt.

Wie im vorliegenden Gesetzentwurf skizziert wird, bestimmen sich die Leistungen nicht mehr nach der Leistungsform ambulant beziehungsweise stationär; Leistungs- und Leistungserbringungsrecht in der Eingliederungshilfe folgt danach der Personenzentrierung, die folgendermaßen zu verstehen ist: - Leistungen werden auf den behinderungsbedingten Bedarf der leistungsberechtigten Person individuell abgestimmt. - Diese Person bestimmt und gestaltet diese Leistungen wesentlich mit. - Die Versorgungsstruktur ist durchlässig, die Person erhält mehr Auswahlmöglichkeiten bei der Gestaltung ihrer Leistungen. - Die Inanspruchnahme und Erbringung von Leistungen ist flexibel; die Person kann Leistungen von verschiedenen Anbietern in einem unterschiedlichen Umfang erlangen.

Vorherige Debatte zum Thema:
März 2018

Erste Lesung

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (2. Teilhabestärkungsgesetz)
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 19/1498
(Federführend ist das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie
und Senioren)