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19. Juni 2019 – Juni-Plenum: Klimabericht

„Ambitioniert, aber noch nicht gut genug“

Schleswig-Holstein hat sich stramme Ziele bei Energiewende und Klimaschutz gegeben. Die werden wohl nicht erreicht. Die Koalition kündigt neue Maßnahmen an, und die Landespolitik fordert mehr Engagement in Berlin.

Blick auf eine Solaranlage und Windräder in Büttel (Kreis Steinburg).
Blick auf eine Solaranlage und Windräder in Büttel (Kreis Steinburg).
© Foto: dpa, Christian Charisius

Schleswig-Holstein wird seine selbst gesetzten Ziele bei der Energiewende in den kommenden Jahren wohl nicht erreichen. Das geht aus dem alljährlichen Bericht des Umweltministeriums zu diesem Thema hervor. „Wir sind gut, aber wir müssen noch deutlich besser werden“, betonte Minister Jan Philipp Albrecht (Grüne). Schleswig-Holstein sei zwar „eines der ambitioniertesten Bundesländer“ und habe um 20 Prozent niedrigere Pro-Kopf-Emissionen als im Bundesschnitt – „aber bei Wärme, Verkehr und Landwirtschaft sind wir noch nicht gut genug.“

Im Energiewende- und Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2017 sind verbindliche Zielmarken genannt. So will das Land seine Emissionen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Stickstoffdioxid bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 herunterfahren. 2017 lag das Minus jedoch erst bei 25,3 Prozent. Das liege maßgeblich an der Landwirtschaft, so Umweltminister Albrecht. Er mahnte strengere Vorgaben des Bundes an.

„Zielmarken werden verfehlt“

Beim Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ist bis 2025 ein Zielwert von 37 Terrawattstunden (TWh) vorgesehen. Das entspräche einem Anteil von 230 bis 250 Prozent des Eigenbedarfs. 2017 lagen die Werte aber erst bei 22,6 TWh und 156 Prozent. Es gehe darum, den Windkraftausbau „mit Naturschutz und Planungsrecht in Einklang zu bringen“, so der Minister. Auch hier müsse Berlin nachbessern und den „zögerlichen Ausbau der Netze“ beschleunigen.   

„Die gesetzten Zielmarken werden auch im Energiewendeland Schleswig--Holstein nicht erreicht werden“, sagte auch Tobias Koch (CDU). Jamaika unternehme jedoch „einen echten Kraftakt“. So solle es etwa neue Triebwagen im Nahverkehr geben. „Die CO2-Einsparung wird gewaltig sein“, so Koch. In Brunsbüttel sei ein Terminal für das Flüssiggas geplant, „damit auf Schweröl im Schiffsverkehr verzichtet werden kann“.

„Windmoratorium zieht sich lange hin“

Angesichts der dramatischen weltweiten Entwicklung sei es für den Klimaschutz schon „beinahe zu spät“, mahnte Ralf Stegner (SPD). Die Politik müsse deswegen  auch „unbequeme und unpopuläre Entscheidungen“ treffen. Stattdessen herrsche jedoch Stillstand. Bundesweit gebe es noch immer kein Klimaschutzgesetz, weil „die Union mauert“. In Schleswig-Holstein werde der Ausbau der Windenergie „an die Wand gefahren“. Stegners Fazit: „Die Menschen sind frustriert, weil nichts passiert.“ 

Im Lande liegt der Windkraftausbau nach einem Gerichtsurteil auf Eis. Neue Anlagen können nur mit Ausnahmegenehmigung gebaut werden. „Das zieht sich schon so lange, das haben wir unterschätzt“, gestand Eka von Kalben (Grüne). Sie kündigte eine Verkehrswende an. Das Land werde „saubere Mobilität“ fördern, etwa den Ausbau von Ladesäulen für E-Autos oder von Oberleitungen für Lkw auf Autobahnen. Zudem werde die Landesregierung eine Studie zum Schienenausbau und eine „Radverkehrsstrategie“ erarbeiten. In der Landwirtschaft forderte von Kalben mehr Öko-Landbau und weniger Rinderzucht.

„Sozial verträglicher Klimaschutz“

„Keine Angst und Panikmache, sondern eine Aufbruchsstimmung“ mahnte Christopher Vogt (FDP) an: „Ökonomie und Ökologie dürfen keine Gegenpole sein, sondern sie müssen miteinander verbunden werden.“ Der Klimaschutz dürfe „keinen wirtschaftlichen Abstieg mit sozialen Verwerfungen“ nach sich ziehen. Mit Blick auf die im Raum stehende CO2-Besteuerung wandte sich Vogt gegen „eine weitere Öko-Steuer“. Stattdessen schlug er vor, die Mehrwertsteuer bei Bus und Bahn abzuschaffen.

Jörg Nobis (AfD) forderte, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abzuschaffen. Das Bundesgesetz aus dem Jahr 2000 regelt die bevorzugte Einspeisung von Ökostrom und garantiert den Erzeugern feste Vergütungen. Das Gesetz habe sich als „gescheitertes Labor einer versuchten Stromwende“ erwiesen, kritisierte Nobis. Jährlich zahlten die Stromkunden mindestens 25 Milliarden Euro an Subventionen. „Die Bürger sind längst an ihrer Belastungsgrenze angelangt“, so Nobis.

AfD-Antrag wird abgelehnt

Das EEG schaffe „Waffengleichheit“, hielt Flemming Meyer (SSW) dagegen. Denn auch fossile Energieträger und die Kernenergie würden bezuschusst. Diese Kosten, etwa für Atom-Endlager und für die Umweltbelastung durch Braunkohle, „tauchen auf der Stromrechnung nicht auf“, so Meyer. Aber sie seien deutlich höher als die Subventionen für Ökostrom. Der AfD-Antrag sei deswegen „einseitig, populistisch und rückwärtsgewandt“.

Der AfD-Antrag wurde schließlich von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Der Landtag beschloss zudem mehrheitlich einen Jamaika-Antrag zum ökologischen Umbau der Städtebauförderung.

Im Energiewende- und Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2017 sind verbindliche Zielmarken genannt. So will das Land seine Emissionen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 herunterfahren. 2017 lag das Minus jedoch erst bei 25,3 Prozent. „Dies liegt maßgeblich an dem hohen Anteil und den unterdurchschnittlichen Minderungsraten bei den Emissionen aus dem Sektor Landwirtschaft“, heißt es in dem neuesten Regierungsbericht zur Klima-und Energiewendepolitik, den das Umweltministerium alljährlich dem Parlament vorlegt.

Beim Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ist bis 2025 ein Zielwert von 37 Terrawattstunden (TWh) vorgesehen. Das entspräche einem Anteil von 230 bis 250 Prozent des Eigenbedarfs. Sprich: Der Norden würde deutlich mehr Strom exportieren als er selbst verbraucht. 2017 lagen die Werte aber erst bei 22,6 TWh und 156 Prozent. Deswegen sei ein „verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energien“ erforderlich. Der Bericht fordert die „zügige“ Aufstellung von Regionalplänen für den Windkraftausbau sowie die „natur- und umweltverträgliche Fortentwicklung der Nutzung der Photovoltaik, Solarthernie und Bioenergie“.

Beim Stromsparen gibt es Nachholbedarf

Das Umweltministerium betont, dass sich die Energiebranche im Lande in den vergangenen Jahren massiv verändert hat. Nachdem die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel bereits vom Netz gegangen sind, wird 2021 Brokdorf als letztes schleswig-holsteinisches AKW folgen. Die Kohleverstromung werde schon bald „keine wesentliche Rolle mehr spielen“. Dennoch bleibe der Norden ein bedeutender Stromproduzent. „Vor allem aufgrund des erwarteten Ausbaus der Windenergie“ werde in Schleswig-Holstein im Jahr 2025 „eine etwa gleich hohe Stromerzeugung erwartet wie Mitte der 2000er Jahre, als noch drei Kernkraftwerke in Betrieb waren“.

Die Klimaschutzziele werden jedoch nicht nur durch den Ausbau der Windkraft zu erreichen sein, sondern auch durch die „Einsparung und effiziente Nutzung von Energie“. Allerdings sei der Energieverbrauch in den vergangenen Jahren nicht gesunken. „Insbesondere in den Sektoren Wärme und Verkehr“ sei der Verbrauch sogar gestiegen. Eine Trendumkehr sei „dringend erforderlich“, unterstreicht das Umweltministerium.

AfD und Jamaika legen Anträge vor

Die AfD, die als erste Fraktion einen Antrag zum Thema vorgelegt hat, fordert, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abzuschaffen. Das Bundesgesetz aus dem Jahr 2000 regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz und garantiert den Erzeugern feste Einspeisevergütungen. Das Gesetz habe sich als „gescheitertes Labor einer versuchten Stromwende“ erwiesen, kritisiert die AfD. Inzwischen kämen fast 90 Prozent der Einnahmen der Stromproduzenten aus Subventionen. Jährlich zahlten die Stromkunden mindestens 25 Milliarden Euro zu viel. Die Windenergie sei „das neue Sinnbild für ökologische und ökonomische Desaster“.  

CDU, Grüne und FDP regen eine ökologische Neuausrichtung der Städtebauförderung an. Bund und Länder sollten „Anreize für eine umwelt- und klimafreundliche Quartiersentwicklung“ setzen - und beispielsweise Dach- und Fassadenbegrünung, Regenwassernutzung oder neue Mobilitätskonzepte unterstützen. Allerdings: „Hierdurch darf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum jedoch nicht erschwert werden.“ Schleswig-Holstein hat im Jahr 2018 knapp 54 Millionen Euro in die Städtebauförderung gesteckt. Gefördert wurden 24 Gebiete.

Vorherige Debatten zum Thema:
Dezember 2017 (EEG)
Juli 2018 (Klimaschutz-Bericht 2018)
Februar 2019 (Fridays for Future)
März 2019 (Klimaschutz in Verfassung)
Mai 2019 (Städtebau)

Regierungsbericht

Energiewende und Klimaschutz in Schleswig-Holstein – Ziele, Maßnahmen und Monitoring 2019
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/1512
(Federführend ist das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt Natur und Digitalisierung)

Antrag

Erneuerbare Energien in die Marktwirtschaft entlassen – EEG abschaffen
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1527

Antrag

Ausrichtung der Städtebauförderung auf Umwelt- und Klimaschutz
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/1541