Die Koalitionsfraktionen unterstützen das Milliarden-Programm von der Bundesregierung, mit dem die Elektrifizierung des Schienenverkehrs vorangetrieben werden soll. Mit dem Programm sollen neue Oberleitungen für den Personen- und Güterverkehr gebaut werden. Das Ziel: Künftig sollen 70 statt wie bisher 60 Prozent der Strecken elektrisch befahren werden. Die regierungstragenden Fraktionen von CDU, Grünen und FDP im Kieler Landtag fordern jetzt eine „zügige Realisierung“ des Programms aus dem Bundesverkehrsministerium – allerdings ohne das sogenannte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zur Finanzierung heranzuziehen.
Das Anfang des Jahres in Berlin detailliert vorgestellte Elektrifizierungsprogramm besteht aus vier Säulen. Zum einen geht es laut Verkehrsministerium um einen „Bedarfsplan Schiene“ für überregional wichtige Hauptstrecken. Insgesamt sollen mit dem Bedarfsplan 2000 Kilometer bestehende Strecke elektrifiziert werden, dafür sind Investitionen von insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro geplant. Zahlreiche Projekte seien bereits im Bau. Die Bahn-Elektrifizierung ist bereits ein wesentlicher Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans. So wurden im November 2018 zahlreiche Bahnprojekte in dem Plan in die Top-Kategorie hochgestuft – das bedeutet, dass diese Vorhaben jetzt vordringlich geplant und umgesetzt werden.
„Nicht die Länder heranziehen“
Beim Konzept des Verkehrsministeriums geht es zum anderen auch um ein neues Bundesprogramm zur Elektrifizierung regionaler Personennahverkehrsstrecken. Dafür sollen die Mittel für das sogenannte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) erhöht werden. Für kommunale und regionale Verkehrsprojekte sollen ab 2021 insgesamt eine Milliarde Euro pro Jahr zur Verfügung stehen – davon können laut Bundesministerium auch Elektrifizierungen regionaler Schienenstrecken finanziert werden.
Gegen dieses Finanzierungs-Modell sperrt sich die Koalition im Norden: „Eine Einbindung in bestehende Programme, wie zum Beispiel in das Bundes-GVFG, das bei der Förderung von Maßnahmen eine nicht unerhebliche Kofinanzierung der Länder voraussetzt, kann zur Verzögerung oder gar Verhinderung von Elektrifizierungsvorhaben führen und ist daher abzulehnen“, heißt es in dem vorliegenden Landtagsantrag. „Maßnahmen zur Emissions- und Kostenreduzierung im Schienenverkehr“ dürften nicht von der Finanzstärke der Bundesländer abhängig sein.
Bundes-FDP bemängelt Fortschritte
Für eine Novelle des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes muss das Grundgesetz geändert werden – dies ist Teil eines von der Bundesregierung geplanten Pakets, bei dem es im Wesentlichen um Finanzhilfen für den Digitalpakt Schule geht. Die Länder hatten die Änderungen gestoppt und den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen.
Elektrifiziert sind derzeit 953 von insgesamt 11.000 Kilometern regionaler Strecken, wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Liberalen im April antwortete. Der Bund hat eine „Förderinitiative“ auf den Weg gebracht, die im Etat 2019 zunächst fünf Millionen Euro vorsieht. Das Verkehrsministerium erläuterte in der Antwort, dass in den ersten Jahren in der Regel nur Planungsleistungen finanziert würden. Die Bundes-FDP monierte daraufhin mangelnden Einsatz bei der Elektrifizierung regionaler Bahnstrecken. Die bisher im Haushalt 2019 eingestellten und eingeplanten Mittel stünden in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Kosten, hieß es mit Blick auf Ankündigungen von vorerst 70 Millionen Euro.
Aktuell: 55 Akku-Triebwagen bestellt
Auf Bahnstrecken in Schleswig-Holstein sollen ab Ende 2022 Akku-Elektrozüge rollen. Der Wirtschafts- und Finanzausschuss des Landtages stimmte am Mittwoch einem Vergabevotum der Nahverkehrsgesellschaft Nah.sh zu. Den Zuschlag für 55 neue Akku-Triebwagen soll der internationale Bahnhersteller Stadler erhalten. Die Kosten für die Fahrzeuge vom Typ "Flirt Akku" sollen sich im Haushalt auf jährlich knapp 80 Millionen Euro belaufen. Das Geld soll aus den Regionalisierungsmitteln für den Bahnverkehr kommen.
Die Triebwagen sollen über ein Unternehmen vorfinanziert werden. Dies wird per Ausschreibung gesucht und soll die Triebwagen in den kommenden 30 Jahren den Bahnunternehmen in den Netzen Nord und Ost zur Verfügung stellen. Die Akkus sind auf dem Dach montiert. Ihre Reichweite soll bis zu 150 Kilometer betragen. Sie werden an den Oberleitungen vor allem in den Bahnhöfen Kiel, Neumünster, Flensburg, Lübeck, Lüneburg sowie auf der Strecke Osterrönfeld-Jübek aufgeladen.
(Stand: 19. Juni 2019)