Ein Paketbote liefert mit Sackkarre Pakete aus.
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Foto: dpa, Oliver Berg
Immer mehr Kunden bestellen online, und die Waren werden dann per Paket verschickt. Die Paketbranche boomt, 500.000 Beschäftigte transportieren drei Milliarden Pakete pro Jahr. Die Zusteller schuften allerdings oft unter hohem Zeitdruck, mit mieser Bezahlung und geringer sozialer Absicherung. Die Koalition im Bund hat Maßnahmen gegen die Missstände angekündigt. In der Landespolitik blieb es allerdings umstritten, ob Gesetzesverschärfungen nötig sind. Dabei wurden auch Differenzen im Jamaikabündnis deutlich.
Das Wachstum der Branche entstehe „zu erheblichem Teil auf dem Rücken der Beschäftigten“, mahnte Wolfgang Baasch, dessen SPD-Fraktion die Debatte angestoßen hatte. Die Sozialdemokraten wollen Arbeitgeber verpflichten, den Beginn und die Dauer der Arbeitszeit von Paketboten genau zu dokumentieren. Flemming Meyer (SSW) wies darauf hin, dass die Löhne der Paketboten im Jahr 2007 noch zehn Prozent über dem Durchschnittseinkommen gelegen hätten. Heute seien sie 30 Prozent darunter. „Wenn die Löhne sinken, obwohl die Branche boomt, dann ist etwas faul“, so Meyer.
„Unternehmer stehen in der Verantwortung“
Die GroKo in Berlin hat zwei Tage vor der Landtagssitzung einen Gesetzesplan vorgelegt, der Zusteller, die bei Subunternehmen beschäftigt sind, vor Ausbeutung schützen soll. Versandunternehmen sollen nach dem Prinzip der Nachunternehmerhaftung verpflichtet werden, Sozialbeiträge für säumige Subunternehmer nachzuzahlen. Denn viele Paketdienste arbeiten nicht mit fest angestellten Zustellern, sondern mit Subunternehmern, die für ihre häufig ausländischen Fahrer oft keine Beiträge zahlen.
„Wer faktisch Chef ist, der muss auch die Verantwortung tragen“, forderte Werner Kalinka (CDU). Soziale Standards seien „eine Säule der sozialen Marktwirtschaft“. Bernd Voß (Grüne) sah diesen Schritt auch als Schutz für „fair wirtschaftende mittelständische Unternehmen“. Die Nachunternehmerhaftung nehme „insbesondere die großen Player in die direkte Mitverantwortung“.
„Keine neuen Gesetze, sondern mehr Kontrollen“
„Murks aus Berlin können wir nicht brauchen“, lautete hingegen das Urteil von Kay Richert (FDP). Er warnte vor einer „weiteren Strangulierung der Betriebe“ mit Dokumentationspflichten und Bürokratie. Neue Gesetze seien nicht nötig, denn Lohndumping, das Ausnutzen von Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit seien bereits verboten, Sozialminister Heiner Garg als Vertreter des erkrankten Wirtschaftsministers Bernd Buchholz (beide FDP) sah ebenfalls keine „Regelunglücke“. Es gebe aber ein „massives Vollzugsdefizit“. Grund sei der „gravierende Personalmangel beim Zoll“, der für die Kontrolle der Betriebe zuständig ist.
Claus Schaffer (AfD) beklagte den „unmenschlichen Zeitdruck“ in der Branche und trat für Gesetzesverschärfungen ein. Es sei „unumgänglich“, dass künftig, entsprechend der Regelungen beim Bau oder in der Fleischwirtschaft, „auch in der Paketzustellbranche jedes Unternehmens für die von ihm beschäftigten Subunternehmen haftet“.
Der Wirtschafts- und der Sozialausschuss beraten das Thema weiter.