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17. Mai 2019 – Top 20: Rassismus-Bekämpfung

Landtag warnt vor „hässlicher Fratze“ des Rassismus

Ein Großteil der Fraktionen ist sich einig: Rassismus sei perfider und gesellschaftsfähiger geworden. Dem soll ein Landesaktionsplan nun entgegenwirken.

Menschen in Kiel demonstrieren gegen Rassismus.
Menschen in Kiel demonstrieren gegen Rassismus.
© Foto: dpa, Bodo Marks

Die Landesregierung will im Herbst kommenden Jahres den im Koalitionsvertrag vereinbarten Landesaktionsplan gegen Rassismus fertigstellen. Das Positionsdokument werde dann „ein differenziertes Inventar bilden, um auf die Herausforderungen unserer Zeit eingehen zu können“, sagte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) in einem von der Jamaika-Koalition geforderten mündlichen Bericht.

Vorbild des neuen Papiers soll auch der seit 2008 bestehende Nationale Aktionsplan gegen Rassismus sein, so der Minister, der auf die Bedeutung von Demokratie und Geschichtsverständnis verwies. So sollen etwa auch weiterhin alle Polizeianwärter im Land die israelische Gedenkstätte Yad Vashem besuchen, um „ein eindrucksvolles Bild von den schrecklichen Ereignissen damals“ zu bekommen. Das bleibe fester Bestandteil der Ausbildung, so Grote.   

„Stumpf ist wieder Trumpf“

Bei Rassismus gehe es um kollektive Erfahrungen und nicht um individuelle Begegnungen, konstatierte Aminata Touré (Grüne), die von eigenen Erlebnissen berichtete. Sie forderte, das Thema nicht als „Befindlichkeiten“ abzutun, sondern demokratische Grundfeste zu verteidigen.

Es gelte „stumpf ist wieder Trumpf“. Rassismus sei 75 Jahre nach Ende der Nazi-Herrschaft wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen, konstatierte Tobias von Pein (SPD). 54 Prozent der Deutschen hätten eine negative Einstellung gegen Flüchtlinge, jeder Fünfte neige zu rassistischem Gedankengut. Menschenfeindliche Äußerungen fielen „leider auch wieder in Parlamenten“, so von Pein, der einen „demokratischen Diskurs“ einforderte.

CDU für Anti-Semitismus-Beauftragten

Jan Marcus Rossa (FDP) nahm die AfD direkt ins Visier. Es sei „schlimm“, dass Rassismus „ihre hässliche Fratze“ in Parlamenten zeige, sagte er. Wenn man dem Bundesvorsitzenden Alexander Gauland zuhöre, „der öffentlich erklärt, Aydan Özoğuz, die ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, solle in Anatolien entsorgt werden“, sei das „unappetitlich und ein hoher Verfall von Sitten“. Demokratisch gewählt bedeute noch lange nicht, dass die Gewählten auch demokratisch seien, betonte er.

Die „Saat des Rassismus“ keime auch in vielen Schleswig-Holsteinern, formulierte Tobias Loose (CDU). Er forderte, Rassismus-Bekämpfung müsse „eine behördliche Querschnittsaufgabe“ sein und gesamtgesellschaftlich eine Rolle spielen. Loose sprach sich für einen Anti-Semitismus-Beauftragten in Schleswig-Holstein aus. Claus Schaffer (AfD) forderte begriffliche Klarheit von Rassismus. Er warnte zudem vor „zugewanderten Anti-Semitismus“ durch Muslime. Rassismus lehne die AfD ab, so Schaffer.

SSW: Rassisten stellen auf Kultur ab

Rassistische Strategien hätten sich  weiterentwickelt und seien perfider geworden, merkte Lars Harms (SSW) an. „Selbst Rassisten wollen heute – bis auf wenige Ausnahmen – nicht mehr Rassisten genannt werden“. Sie verabschiedeten sich von „biologistischen Rassetheorien“ und begründeten ihren Rassismus nun mit vermeintlich festen kulturellen Faktoren. „Wir kennen das beispielsweise explizit von der Neuen Rechten, aber eben auch von Menschen aus der Mitte der Gesellschaft“, so Harms.

Im Koalitionsvertrag haben CDU, Grüne und FDP die Vorlage eines Landesaktionsplans gegen Rassismus verabredet. Nun soll die Landesregierung auf Antrag der Koalitionsfraktionen mündlich berichten, wie weit die parlamentarische Ausarbeitung vorangeschritten ist. Auf Bundesebene gibt es seit 2008 einen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus.

Im schleswig-holsteinischen Koalitionsvertrag heißt es auf Seite 87: „Menschen verschiedener Herkunft leben hier seit Jahrhunderten als Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner und sind Teil der Gesellschaft. Weltoffenheit ist aber mehr als ein Bekenntnis. Menschen müssen unabhängig von ihrer Hautfarbe, ethnischen oder religiösen Herkunft diskriminierungsfrei leben können. Wir werden einen Landesaktionsplan gegen Rassismus auf den Weg bringen und dabei bildungs-, gesellschafts-, sozial- sowie innen- und rechtspolitische Aspekte berücksichtigen.“

(Stand: 13. Mai 2019)

Antrag

Bericht zum Landesaktionsplan gegen Rassismus
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/1435