Sozialminister Heiner Garg hält eine Rede im Plenarsaal des Landtages.
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Foto: Michael August
Die von der Landesregierung geplante Kita-Reform ist bei Teilen der Opposition auf große Skepsis gestoßen. Es würden nicht wie versprochen alle Kommunen und alle Eltern, sondern nur einige tatsächlich entlastet, kritisierte die SPD, die Nachbesserungen forderte. Auch die AfD zeigte sich „nicht mit allem zufrieden“. Sozialminister Heiner Garg (FDP) sprach in seiner Regierungserklärung zu den Eckpunkten der noch nicht abgeschlossenen Reform hingegen von einem „echten Meilenstein“.
Es gehe nicht um Gewinner und Verlierer, sondern um „bestmöglichsten Startchancen und das für die Kleinsten im ganzen Land“, sagte der Garg in der fast dreistündigen Debatte. Im Fokus stünden einheitlichere Lebensverhältnisse und die Vereinbarung von Beruf und Familie. Geschaffen werde „ein lernendes System“, das transparent sei, so Garg. Von den Kindern über drei Jahre gehen etwa 96 Prozent in den Kindergarten, bei den Jüngeren liegt der Anteil derzeit bei 32 Prozent.
Gedeckelte Beiträge und mehr Qualität
Ein Kern der Reform: Eltern sollen ab Sommer 2020 für einen Ganztags-Krippenplatz maximal 288 Euro im Monat zahlen und für einen Kitaplatz höchstens 233 Euro. Für fünf Stunden Betreuung in den Krippen sind für Unter-Dreijährige künftig rund 180 Euro und in den Kitas für ältere Kinder etwa 145 Euro vorgesehen. Die laut Garg „gedeckelten“ Sätze sollen nicht mehr regional unterschiedlich sein, sondern für ganz Schleswig-Holstein gelten und für alle Träger – also zum Beispiel auch für Kindergärten der Kirchen.
Weiterhin sollen in Schleswig-Holsteins 1780 Kindergärten künftig landesweit einheitliche, verbindliche Mindest-Qualitätsstandards festgelegt werden. Der Betreuungsschlüssel werde von 1,5 auf 2 Fachkräfte bei einer Kindergartengruppe von maximal 22 statt bisher 25 Kindern erhöht, so Garg. Zudem sollen erstmals verbindliche Regeln für die Freistellung der Kita-Leitung greifen. Noch nicht abschließend geklärt seien Fragen zur einheitlichen Sozialstaffel und Geschwisterregelungen. Darum kümmere sich eine Projektgruppe.
Garg: Eltern im Schnitt um 2000 Euro entlasten
Bis 2022 fließt rund eine Milliarde Euro in das System, sagte der Minister vor. Wer sein Kind ab dem ersten Geburtstag ganztägig betreuen lasse, werde im Durchschnitt – auch nach Abschaffung des 100-Euro-Krippengeldes – um 2000 Euro im Jahr entlastet. Garg nannte Beispiele: So sparten Eltern in Ammersbek am Hamburger Rand künftig 161 Euro oder in Schleswig 67 Euro pro Monat. Weitere 250 Millionen Euro wären nötig, um völlige Beitragsfreiheit zu gewährleisten. Das sei finanziell derzeit nicht zu leisten, sagte Garg: Wer mehr verlange, müsse auch erklären, woher das Geld kommen soll.
Streit gab es um Kommunen wie Norderstedt oder Flensburg, deren Beitragssätze schon heute unterhalb des Deckel-Betrages liegen oder die bereits mehr als die angestrebten Qualitätsstandards anbieten. Während Garg betonte, auch diese Städte und Gemeinden erhielten alle zusätzlichen Mittel und könnten damit „weiter Beiträge senken“ oder die Qualität steigern, kritisierte die SPD, manche Orte, die heute bereits geringere Beiträge als den Deckelbetrag verlangten, würden die Eltern nun sogar verstärkt zur Kasse bitten.
SPD: „Kommunen hätten sich deutlichere Entlastung gewünscht“
„Das System bleibt weiter intransparent“, monierte Serpil Midyatli (SPD). Sie forderte mehr Betreuung in den Ferien, mehr Krippen- und Kita-Plätze und eine Novellierung des Erzieher-Systems. „Das Quereinsteiger-Modell ist dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte sie und fügte an, kommunale Spitzenverbände hätten sich „eine deutlichere Entlastung“ gewünscht. Auch für die Kommunen sei die Kita-Reform „ein echter Gewinn“, hielt CDU-Fraktionschef Tobias Koch dagegen. Alles, was das Land beauftrage, werde auch vom Land bezahlt. Der prozentuale Anteil von Städten und Gemeinden sinke von deutlich über 50 Prozent auf 46 Prozent. „Zudem ist das Geld kein Festbetrag mehr, sondern ein dynamischer Landeszuschuss, der mit Kostensteigerungen mitwächst“, betonte Koch.
Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben machte auf das Problem Fachkräftemangel in den Kitas aufmerksam. Hier müsse das Land „in Vorleistung“ gehen. „Wenn die Ausstattung besser und die Belastung niedriger ist, entscheiden sich auch mehr Menschen für diesen Beruf und bleiben länger“, sagte sie. Wie von Kalben verwies auch FDP-Fraktionschef Christopher Vogt auf das im Koalitionsvertrag festgelegte Ziel, Schleswig-Holstein zum „familienfreundlichsten Bundesland“ zu machen. Die Beitragsfreiheit sei wünschenswert und bleibe langfristiges Ziel, so Vogt. Zusätzliche Landesmittel sollten dazu genutzt werden, die Eltern weiter zu entlasten und die Qualität zu steigern.
SSW: Reform geht „in die richtige Richtung“
Claus Schaffer (AfD) kritisierte zu viel „staatlichen Einfluss“ auf Kinder in Kitas und forderte, die „Eigenverantwortung der Familien“ zu stärken. Die „Lufthoheit über die Kinder“ stehe nur den Familien zu, sagte er und monierte, es entstehe „ein enormer gesellschaftlicher Druck“ auf Mütter, die ihr Kind nicht in den Kindergarten geben.
Alle demokratischen Parteien seien sich einig, die frühkindliche Bildung auszubauen und zu stärken, konterte Flemming Meyer (SSW). Schon in der Kita würden soziale Kompetenzen und emotionale Bindungen geprägt, machte er deutlich. Dabei definiere sich Qualität grundsätzlich „aus viel mehr als Betreuungsschlüssel und Finanzierungen“. Die Reform gehe „in die richtige Richtung“.