EU-Flaggen wehen vor dem Gebäude der EU-Kommission.
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Foto: dpa, Inga Kjer
Zwei Monate vor der Europawahl hat der Landtag an alle Bürger appelliert, von ihrem Wahlrecht am 26. Mai Gebrauch zu machen. Ein entsprechender Antrag der Jamaika-Koalition fand die Zustimmung aller Fraktionen. Inhaltlich die Europa-Debatte prägend war der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU. Europaministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) warnte: Die Europawahl sei „zu wichtig, um sie zum Spielball der Brexit-Verhandlungen zu machen“.
Sie kündigte an, ab kommender Woche auf der Homepage ihres Ministeriums Informationen zum Brexit zur Verfügung zu stellen. Zudem ging Sütterlin-Waack bei der Vorlage des aktuellen Europaberichts der Landesregierung auf Schwierigkeiten in der deutsch-dänischen Zusammenarbeit ein. Mit der im Zuge einer Reform angedachten Abschaffung der Regionsräte im nördlichen Nachbarland würde es an Ansprechpartnern fehlen, machte sie deutlich. Hier müssten die Wahlen in Dänemark im Sommer abgewartet werden.
„Irrsinn“ in Großbritannien beenden
Es gehe um nichts Geringeres als „um Frieden, Wohlstand und Demokratie in Europa“, hatte zuvor Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) mit Blick auf den 26. Mai betont. Den Brexit nannte er „ein Lehrstück, was mit einer Demokratie passiert, wenn man Populisten folgt“. Der „Irrsinn“ in Großbritannien solle endlich beendet werden. Europa müsse den „Defensivmodus“ verlassen, sozialer werden und wieder seine „Strahlkraft“ entfalten.
„Diese europäische Union beschert uns eine nie dagewesene Periode des Friedens von mittlerweile 74 Jahren“, hob auch Hartmut Hamerich (CDU) hervor, und er warnte: „Bei einem ungeregelten Brexit gibt es auf allen Seiten nur Verlierer.“ Er befürchte zudem, dass der Bürgerkrieg in Nordirland neu aufleben könnte. Die Bürger müssten in der EU „mehr mitmischen“, um den Wert und die Umsetzung der Rechtstaatlichkeit besser zu erkennen, so Hamerich.
Urheberrecht weiter in der Diskussion
Wir brauchen mehr europäische Demokratie und eine aktive Zivilgesellschaft“, forderte auch der grüne Kandidat für die Europawahl Rasmus Andresen. Er verlangte zudem klare Regeln für mehr Datenschutz und eine Digitalsteuer. Mit Blick auf Äußerungen von einigen Politikern zu den Demonstrationen gegen „Upload-Filter“ oder gegen die Schülerkundgebungen „Fridays for Future“ sagte Andresen, man dürfe Menschen für ihre Meinungsäußerungen nicht beschimpfen, sondern müsse sie unterstützen.
In dieser Woche habe er bei der Abstimmung über die Urheberrechtsrichtlinie „einen für mich neuen und bislang unvorstellbaren Tiefpunkt im politischen Europa“ erlebt, sagte Stephan Holowaty (FDP). Über fünf Millionen Unterschriften, über 200.000 Demonstranten hätten mit ihrem Engagement um „die Freiheit“ im gemeinsamen Europa Ausdruck verliehen. Das Europaparlament habe diesen Protest nicht nur ignoriert, sondern sei mit Andersdenkenden umgegangen, dass es ihm „wirklich Angst macht“, so Holowaty. Er forderte, verlorenes Vertrauen der Bürger müsse wieder hergestellt werden.
SSW fordert Minderheiten-Kommissar
Weniger EU, weniger Migration und mehr Nationalstaat forderte hingegen Jörg Nobis (AfD). Er hielt den anderen Fraktionen „die Abschaffung von Deutschland“ und eine „Gleichschaltung“ aller Staaten vor. Die AfD lehne eine „Europäische Union als Superstaat“ klar ab.
Jette Waldinger-Thiering (SSW) erklärte, nationalistische Tendenzen in Europa hätten die Situation von Minderheiten zunehmend verschlechtert. Dagegen gelte es „neue Bündnisse“ zu schmieden. „Die Rechte der Minderheiten und Volksgruppen in Europa würden durch einen Kommissar sicherlich sichtbarer und gestärkt“, sagte sie. Damit würde dieses wichtige Thema den Stellenwert erhalten, dem es zukomme – „schließlich sprechen 40 Millionen Europäerinnen und Europäer eine Minderheitensprache“, so Waldinger-Thiering.
Der Europabericht und der vorliegende Antrag der SPD wurden in den Europaausschuss überwiesen. Der Antrag der Jamaika-Koalition zur Europawahl wurde angenommen, ein Antrag der AfD wurde abgelehnt.