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6. März 2019 – Top 25: EU-Urheberrichtlinie

Einhelliges Plädoyer gegen Upload-Filter

Gut gemeint, aber schlecht gemacht – so sieht der Landtag die von der EU auf den Weg gebrachte Richtlinie für den Urheberschutz. Die Abgeordneten sehen die „Gefahr einer automatisierten Zensur“.

Der FDP-Abgeordnete Stephan Holowaty hält eine Rede.
Der FDP-Abgeordnete Stephan Holowaty hält eine Rede.
© Foto: Thomas Eisenkrätzer

Der Landtag schlägt Alarm gegen die von Brüssel geplante Richtlinie zum Urheberrecht. Die darin enthaltene Pflicht von Internet-Plattformen, Beiträge vorab auf Verbreitungsrechte zu prüfen, bedeute das Ende der Meinungsfreiheit im Internet, hieß es. Die Abgeordneten fürchten, dass YouTube, Google und Co. für die Umsetzung der Vorschrift auf sogenannte Upload-Filter setzen. Diese überprüfen automatisch Inhalte auf das Copyright. Der Einsatz einer solchen auf Algorithmen basierenden Technik birgt laut Auffassung der Parlamentarier die Gefahr der Zensur, da sie im Zweifelsfall eher Bild-, Text-, Audio- und Videodateien unterdrücken, um Urheberrechtsverstöße und damit Strafzahlungen für die Konzerne zu vermeiden.

Anlass der Debatte war eine von der Jamaika-Koalition eingebrachte Resolution, der das Plenum bis auf die Abgeordnete Doris von Sayn-Wittgenstein zustimmte. Die Resolution drückt das Bedauern des Landtages zu der Einigung von EU-Kommission, EU-Ministerrat und EU-Parlament bei der Urheberrichtlinie in diesem Punkt aus. „Das Internet lebt doch davon, dass alle sich frei äußern können“, konstatierte Stephan Holowaty (FDP) in der Debatte. Artikel 13 der neuen EU-Richtlinie bewirke das Gegenteil – „die automatisierte Überwachung der Nutzer“.

Abstimmung in Straßburg Ende März

In dieselbe Richtung argumentierten die Vertreter der anderen Fraktionen. Die Grünen warnten, dass die Richtlinie in dieser Form die Entwicklung von Startups behindern könne, da sich nur große Konzerne die teuren Upload-Filter würden leisten können.

Trotz Zustimmung haderte Lars Harms (SSW) mit dem Koalitionsantrag. „Wir sollen etwas bedauern, was noch gar nicht stattgefunden hat“, erklärte er und verwies darauf, dass die Abstimmung über die Urheberrechtsrichtlinie erst Ende März im EU-Parlament ansteht. Der SSW hatte deshalb einen eigenen Vorstoß eingebracht, der auf einhellige Zustimmung stieß. Der Antrag fordert die Straßburger Abgeordneten auf, ihre Haltung zu überdenken.

Albrecht: Abschied vom Rechtsstaat

Unabhängig von den Brüsseler Reformplänen betonten die Abgeordneten die Bedeutung des Urheberschutzes. Hier gebe es aber andere Möglichkeiten, hieß es, etwa durch die Vergabe von Lizenzen. Kritisch zur Urheberrechtsrichtlinie äußerte sich auch der für die Digitalisierung zuständige Landesminister Jan Philipp Albrecht (Grüne): Es dürfe nicht vorab über „Künstliche Intelligenz zensiert“ werden, sagte er. Damit würde man sich von einem „zentralen Element des Rechtsstaats“ verabschieden.

Weitere Hauptredner:
Ralf Stegner (SPD), Lukas Kilian (CDU), Rasmus Andresen (Grüne), Claus Schaffer (AfD)

Nach monatelangem Ringen hat sich die EU Mitte Februar auf eine Reform des Urheberrechts geeinigt. Sie sieht unter anderem ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage sowie – in Artikel 13 – deutlich mehr Pflichten zum Urheberrechtsschutz für Plattformen wie YouTube vor. Kritiker fürchten, dass die Plattformen den Vorgaben nur nachkommen können, wenn sie sogenannte Upload-Filter einsetzen, mit denen sie beim Hochladen prüfen können, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. Diese sind zwar nicht explizit in der Reform erwähnt. Allerdings müssen die Unternehmen alles ihnen Mögliche tun, um Urheberrechtsverstöße zu verhindern. Kritiker aus fast allen Parteien befürchten, dass die Filter auch legale Inhalte wie Parodien oder Zitate blockieren – und so die freie Meinungsäußerung einschränken

Auch die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein stört sich an der neuen EU-Regelung, über die das EU-Parlament noch abschließend abstimmen muss, und äußert in dem vorliegenden Antrag „Bedauern“ über die Einigung, „insbesondere im Hinblick auf verpflichtende Upload-Filter.“ CDU, Grüne und FDP lehnen diese „strikt ab“ und fürchten eine „automatisierte Zensur im Internet“, die eine „unverhältnismäßige Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit“ zur Folge haben könne. Sie werten die Urheberrechtsreform als „das falsche Zeichen“.

Datenschutz in Gefahr?

Derweil werden auch mögliche datenschutzrechtliche Probleme diskutiert. Nach Einschätzung des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, bestehe gerade beim Einsatz der Upload-Filter die Gefahr, dass große Anbieter solcher Software verstärkt Daten über Nutzer vieler Plattformen und Dienste im Internet bekommen, schreibt die Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Die Bundesregierung hat ihre Zustimmung zu der Digitalreform indessen verteidigt. Und das, obwohl CDU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben, eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Filtern, die von Nutzern hochgeladene Inhalte auf Verletzungen des Urheberrechts prüfen, als „unverhältnismäßig“ abzulehnen. „Die Reform des europäischen Urheberrechts ist überfällig und geht über die geführte Diskussion um Artikel 13 hinaus“, sagte die Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) dazu gegenüber dpa. Es gehe um bessere Vertragsbedingungen für Künstler und Kreative, um grenzüberschreitende Bildungsangebote oder rechtliche Grundlagen für die Entwicklung künstlicher Intelligenz.

(Stand: 1. März 2019)

Antrag

Upload-Filter sind ein Risiko für die Meinungs- und Informationsfreiheit
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP – Drucksache 19/1311(neu)

Alternativantrag

...der Abg. des SSW – Drucksache 19/1329