Windkraftanlagen bei Husum
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Foto: dpa, Daniel Reinhardt
Die Landesregierung hat bekräftigt, dem Landtag bis Mitte 2020 einen Gesetzentwurf zum Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein vorzulegen. Die Planungen sehen vor, dass bis Ende dieses Jahres ein dritter Planentwurf für Windeignungsflächen steht, der dann unmittelbar in die Anhörung geht. Dies erklärte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) in einer von der SPD anberaumten Aktuellen Stunde. Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) warf dem Ministerpräsidenten vor, Wahlkampfversprechen gebrochen zu haben.
Die Landesregierung stelle die Klimaziele aufs Spiel, schiebe die Energiewende auf und lasse damit „die Wertschöpfungschance Nummer 1 in unserem Land“ liegen, so Stegner. Grüne und FDP ließen sich dabei von der CDU „über den Tisch ziehen“. Weiter kritisierte der SPD-Fraktionschef „windige Versprechungen“ von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), die er nun nicht mehr einhalten könne. Werde das bestehende Moratorium beklagt, drohe „Wildwuchs“ – und das öffne Populisten „Tür und Tor“, monierte Stegner.
427 Ausnahmegenehmigungen in rund vier Jahren
CDU-Fraktionschef Tobias Koch zeigte sich trotz der Kritik „ruhig und entspannt“. Es gebe keinen „Fadenabriss“ beim Windenergie-Ausbau in Schleswig-Holstein. Die Windkraft-Planung hatte 2015 einen herben Rückschlag erlitten. Damals kippte das Oberverwaltungsgericht die damaligen Pläne. Seitdem gilt grundsätzlich ein Moratorium für neue Anlagen, um Wildwuchs zu verhindern. Nur über Ausnahmegenehmigungen sind Neubauten möglich. Laut Koch sind seit Inkrafttreten des Moratoriums über 400 Ausnahmengenehmigungen erteilt worden, davon 44 im vergangenen Jahr, Er erinnerte daran, dass „ein Fünftel der Fläche erstmals im Beteiligungsverfahren“ sei. Dabei werde das Versprechen, die Abstände von Windanlagen zur Wohnbebauung auf 1000 Meter zu vergrößern, eingehalten, so Koch.
Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben sah dagegen „doch einen kleinen Fadenriss“. Durch den Regierungswechsel sei ein Jahr an Zeit verloren gegangen. Allerdings, so von Kalben weiter, hätten CDU, Grüne und FDP „einen guten gesellschaftlichen Kompromiss“ gefunden.
FDP wirft SPD „pastorales Geschwafel“ vor
Oliver Kumbartzky (FDP) erinnerte daran, dass schon die Vorgängerregierung das Wind-Moratorium verlängern musste, weil damals über 6000 Stellungnahmen eingegangen waren, die abgearbeitet werden mussten. „Wir wollen keinen Windkraft-Ausbau mit der Brechstange, sondern Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, konstatierte er. Der SPD hielt er „kalte, neoliberale Wirtschaftspolitik“ vor. Außer „pastoralem Geschwafel“ käme von den Sozialdemokraten wenig, die Vorwürfe seien „reine Luftnummern“.
Mehr „Offshore“ anstelle von Windparks an Land forderte Jörg Nobis (AfD). Auf See sei die Leistungsfähigkeit höher, es gebe nicht so viele Einwände. Gleichzeitig kritisierte Nobis die „krachend gescheiterte Energiewendepolitik“. Der „staatliche Dirigismus unter ideologischen Vorzeichen“ müsse ein Ende haben, das Energie-Einspeisegesetz gehöre abgeschafft. Strom sei „zum Luxusgut“ geworden. SSW-Frontmann Lars Harms warnte vor „Kettenmoratorien“. Es gebe keine rechtsgültige Planungsgrundlage, trotzdem würden Ausnahmegenehmigungen erteilt. Dadurch steige das Klagerisiko. „Das kann zu Wildwuchs führen“, so Harms.
Grote: „Wildwuchs wird in keinem Fall entstehen“
Innenminister Grote wies das deutlich zurück. Es gebe „Rückfallmöglichkeiten“, die weiterhin für eine geordnete Windkraftplanung angewendet werden könnten, etwa Allgemein- oder Einzeluntersagungen. „Wildwuchs wird in keinem Fall entstehen“, versprach er. Seinen Angaben zufolge gab es Ende 2018 in Schleswig-Holstein 2959 Windkraftanlagen, 117 weitere standen vor Inbetriebnahme. Zusammen kämen die Anlagen auf 6,9 Gigawatt Leistung.
Seit Einführung des Moratoriums vor rund vier Jahren hätten 429 Anlagen mit einer Leistung von 1,3 Gigawatt eine Ausnahmegenehmigung erhalten, zugleich seien 314 Altanlagen in dieser Zeit stillgelegt worden. „Ich sehe daher keinen Stillstand und Fortschritt in jeder Hinsicht“, sagte Grote und betonte: „Wir wollen höchstmögliche Rechts- und Planungssicherheit bei größtmöglicher Entlastung von Bevölkerung und Umwelt.“