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13. Dezember 2018 – Top 26, 44: Flüchtlingspolitik

Landtag sagt „ja“ zum Spurwechsel

Viele Unternehmen fahnden derzeit fieberhaft und vergeblich nach Fachkräften. Jamaika-Koalition, SPD und SSW wollen deshalb vorhandene Potentiale besser nutzen. Die Handlungsmaxime lautet: Flüchtlingen eine Chance geben.

Der 19-jährige Mohammad aus Afghanistan arbeitet im Ausbildungszentrum der Siemens Professional Education an der Verdrahtung eines Schaltschranks.
Der 19-jährige Mohammad aus Afghanistan arbeitet im Ausbildungszentrum der Siemens Professional Education an der Verdrahtung eines Schaltschranks.
© Foto: dpa, Monika Skolimowska

Jamaika-Koalition, SPD und SSW wollen mit Blick auf das vom Bund geplante Fachkräftezuwanderungsgesetz bereits vorhandene Potentiale für die heimische Wirtschaft besser nutzen. Gut integrierte Flüchtlinge mit Berufsperspektive sollen dauerhaft im Land bleiben dürfen. Regierungsfraktionen, Sozialdemokraten und SSW votierten für eine entsprechende Beschlussfassung des Innen- und Rechtsausschusses, deren Grundlage ein Antrag der Jamaika-Koalition war. Ein Vorstoß der SPD, der in dieselbe Richtung zielte, wurde für erledigt erklärt.

Es sei wichtig, den gut integrierten Migranten, die Chance zu verschaffen, „als Fachkräfte anerkannt zu werden und dadurch die Perspektive zu eröffnen, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können“, befand Jan Marcus Rossa (FDP) in der Debatte.

Grüne froh über breite Zustimmung

„Niemand kann verstehen, wenn wir Leute abschieben, die in Lohn und Brot sind“, argumentierte Serpil Midyatli (SPD) in dieselbe Richtung. Die Grünen würden auf einen unbürokratischen Spurwechsel setzen, betonte Eka von Kalben (Grüne), die sich über die breite Zustimmung  im Plenum für die Anerkennung von Integrationsleistungen freute.

Gegenwind für den Vorstoß kam einzig von der AfD. Claus Schaffer (AfD) warnte vor der „Sogwirkung“, die der sogenannte Spurwechsel auf migrationswillige Menschen auslösen könnte. Seine Fraktion hatte einen eigenen Antrag ins Parlament eingebracht, in dem sie forderte, Asylbescheide konsequenter zu überprüfen. Dieser Vorstoß scheiterte jedoch an der breiten Mehrheit des Plenums.

Grote: BAMF prüft Aufenthaltsstatus

Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) stellte klar, dass für die Überprüfung eines Aufenthaltsstatus ausschließlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig sei. Erst wenn das BAMF eine Aufenthaltsgenehmigung widerrufe, kämen die Ausländerbehörden ins Spiel, so Grote.

Laut AfD-Antrag hätte drei Monate vor Ablauf der Aufenthaltserlaubnis eines Flüchtlings standardmäßig beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nachgefragt werden sollen, ob ein Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren eingeleitet wurde.

Weitere Hauptredner:
Barbara Ostmeier (CDU), Lars Harms (SSW)

Die Asylpolitik beschäftigt den Landtag auch in dieser Debatte. Im Kern geht es diesmal um „gut integrierte Schutzsuchende, die bereits in Deutschland leben“ und einen Arbeitsplatz haben. Ihnen soll ermöglicht werden, „ohne vorherige Ausreise in das Herkunftsland“ als Fachkräfte im Land zu bleiben. Das fordern CDU, Grüne und FDP und erhielten dafür im Innen- und Rechtsausschuss auch Unterstützung von SPD und SSW. Die Landesregierung soll sich entsprechend auf Bundesebene für ein Einwanderungsgesetz stark machen.

Die SPD erklärte ihren Antrag im Ausschuss für erledigt. Er sah vor, gut integrierten Asylbewerbern, die aus einem sicheren Herkunftsland stammen oder deren Asylbegehren voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Änderung des Aufenthaltszweckes auch ohne vorherige Ausreise in ihr Herkunftsland zu ermöglichen. Dieses sollte unter der Voraussetzung erfolgen, dass die Asylbewerber bereits in einem Arbeitsverhältnis stehen, als Fachkräfte für einen Mangelberuf in Frage kommen oder die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufsausbildung in einem Mangelberuf erfüllen.

Große Koalition im Bund einigte sich im Oktober

CDU und SPD im Bundestag hatten sich Anfang Oktober bei einem Koalitionsgipfel auf verschiedene Eckpunkte im Bereich der Einwanderungspolitik geeinigt. So soll zukünftig eine geordnete Zuwanderung von Fachkräften erfolgen. Im Kern geht es bei dem geplanten Fachkräfteeinwanderungsgesetz darum, dass Deutschland für qualifizierte internationale Fachkräfte attraktiver wird. Das Gesetz soll deren Zuzug ordnen und steuern. Bedarf und Qualifikation sollen zentrale Kriterien sein. Auch im Streit um einen sogenannten „Spurwechsel“ zwischen Asylverfahren und einer Einwanderung in den Arbeitsmarkt gab es einen Kompromiss.

Mitberaten wird ein Antrag der AfD im Landtag. Sie fordert, Asylbescheide konsequenter zu überprüfen. Drei Monate vor Ablauf der auf drei Jahre befristeten Aufenthaltserlaubnis eines Asylberechtigten oder anerkannten Flüchtlings solle standardmäßig beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angefragt werden, ob ein Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren eingeleitet wurde. Zudem müsse die Verwaltungspraxis in den Ausländerbehörden vereinheitlicht und alle Asylverfahren in der Einzelfallprüfung spätestens vor der erstmaligen Verlängerung des Aufenthaltstitels abgearbeitet werden, verlangt die Oppositionsfraktion.

(Stand: 10. Dezember 2018)

Vorherige Debatten zum Thema:
Juni 2018
September 2017
September 2018 (Abschiebehaft)

Debatte bei Antragstellung zu Aufenthaltsrecht:
September 2018

Antrag

Überprüfung von Asylentscheiden konsequent umsetzen
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1101

Ausschuss-Bericht

Änderung des Aufenthaltszwecks für gut integrierte Asyl-bewerberinnen und Asylbewerber ermöglichen
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/154

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/206

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses – Drucksache 19/1112