Blick auf eine gehäkelte Kippa auf dem Kopf eines Juden
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Foto: dpa, Frederico Gamberini
80 Jahre nach der Reichspogromnacht hat Schleswig-Holstein sein Verhältnis zu den jüdischen Verbänden auf eine neue Grundlage gestellt. Einstimmig verabschiedete das Plenum ein von der Landesregierung vorgelegten Grundlagenvertrag auf gesetzlichem Fundament. Damit sind die jüdischen Glaubensgemeinschaften den christlichen Kirchen gleichgestellt. Das Land folgt hier dem Beispiel aller anderen Bundesländer.
Die Vertreter aller Fraktionen bewerteten den Vertrag unisono als starkes Signal gegen den Antisemitismus. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) bezeichnete das Judentum in ihrer Rede als „Teil unserer religiösen und kulturellen Vielfalt“. Deutschland wäre arm ohne die wunderbare jüdische Kultur, sagte sie. „Und ich bin glücklich über jedes Zeugnis jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein“. Der jährliche Zuschuss für die religiösen und kulturellen Angelegenheiten steigt um 300 000 auf 800 000 Euro.
Fast 300 antisemitische Straftaten in den letzten acht Jahren
Mit Sorge wurde im Parlament die wieder stärker um sich greifende Judenfeindlichkeit gesehen. Seit 2010 habe es fast 300 antisemitische Straftaten gegeben, sagte Christopher Vogt (FDP). Wer genau hinsehe, so der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, erkenne das Problem auch abseits der Statistiken. Man dürfe sich beispielsweise nicht daran gewöhnen, dass jüdische Einrichtungen ständig überwacht werden müssten.
Vor dem Hintergrund immer wieder aufkeimender antisemitischer Stimmen in der Gesellschaft stimmte das Plenum geschlossen für einen interfraktionellen Antrag. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, schon in der Schule zu thematisieren, „wie dem Antisemitismus bereits in der Schule noch wirksamer begegnet und vorgebeugt werden kann“. Damit liefen sie bei der Bildungsministerin offene Türen ein. Prien: Das Land verpflichte sich auch zu prüfen, ob jüdischer Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in Schleswig-Holstein in den Vertrag aufgenommen werden könne. Im Norden leben aktuell etwa 3000 Juden. Davon sind rund 1800 Mitglieder einer jüdischen Gemeinde.
Auch über Schattenseiten sprechen
Trotz grundsätzlicher Übereinstimmung bedauerte Tobias von Pein (SPD), dass die Debatte über das Abkommen mit einem Sachantrag zusammengeworfen worden sei – „nur weil es hier irgendwie um Juden geht“. Dem widersprach die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eka von Kalben: Man müsse „an einem Tag zum Feiern“ auch über die Schattenseiten sprechen können.
Weitere Hauptredner:
Tobias Loose (CDU), Frank Brodehl (AfD)