Eine Schülerin mit Behinderung sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer Integrierten Gesamtschule in Hannover.
©
Foto: dpa, Holger Hollemann
SPD und SSW warnen die Jamaika-Koalition davor, vom Ziel der Inklusion in der Bildungspolitik abzurücken. „Inklusive Bildung ist ein Menschenrecht“, betonte der Sozialdemokrat Martin Habersaat und forderte ein entsprechendes Bekenntnis aus dem Regierungslager. Jamaika stelle dieses Ziel „immer wieder in Frage“, so Habersaat. Die Redner von CDU, Grünen und FDP wiesen den Vorwurf vehement zurück und lehnten den Oppositionsantrag ab.
Anlass der Debatte war eine Pressemitteilung von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) vom 3. September. In der Überschrift heißt es: „Inklusion ist kein Selbstzweck.“ Damit stelle die Ministerin die Verpflichtung in Frage, die Schleswig-Holstein mit der UN-Behindertenrechtskonvention übernommen habe, mahnte Habersaat. Im Norden lernten inzwischen 70 Prozent der Schüler mit Behinderung an Regelschulen. Diesen bundesweiten Spitzenwert sieht Habersaat gefährdet.
„Quote heißt nicht Qualität“
„Die Inklusionsquote alleine sagt noch nichts über die Qualität“, entgegnete Ministerin Prien und wandte sich gegen „ideologisch aufgeladene Debatten“. Inklusion sei ein „schwieriger, herausfordernden Prozess“. Es gehe darum, „zu schauen, was für jeden einzelnen Schüler das Beste ist“.
Auch die Koalitionsabgeordneten bekannten sich zum Ziel der inklusiven Bildung, betonten aber, dass dafür viele kleine Schritte nötig seien. „Mehr Qualität erfordert mehr Platz, Personal und Professionalität“, merkte Anette Röttger (CDU) an. Ines Strehlau (Grüne) stellte klar: „Wir legen uns weiter enorm ins Zeug. Wir stellen jedes Jahr 70 neue Sonderpädagogen ein.“ Und FDP-Fraktionschef Christopher Vogt forderte „Rücksicht auf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes“. Bei manchen Formen von Behinderung sei eine individuelle Förderung nötig, „die in einer Regelschule nicht möglich ist“. Deswegen werde es auch weiterhin Förderzentren geben.
Inklusion „überstürzt eingeführt“
Frank Brodehl (AfD) monierte, die Inklusion sei im Lande „überstürzt und ohne tragfähiges Konzept“ eingeführt worden. Um eine möglichst hohe Inklusionsquote zu erreichen, sei „Quantität vor Qualität“ gegangen, sagte Brodehl, der selbst Sonderpädagoge ist. Jette Waldinger-Thiering (SSW) hielt dagegen: „Bildung für alle ist der Schlüssel für eine gerechte Gesellschaft.“ Sie plädierte für ein „Schulsystem, das Kinder nicht trennt und in Schubladen steckt“.