SPD und AfD sind mit ihren Vorstößen, das „Recht auf angemessenen Wohnraum“ in der Landesverfassung festzuschreiben, bei der Jamaika-Koalition auf Ablehnung gestoßen. Der Zeitpunkt sei falsch, das Land rechtlich in den meisten Fällen gar nicht zuständig und der Vorgang wirkungslos, so der Tenor von CDU, Grünen und FDP in einer emotional geführten Ersten Lesung zu den Gesetzentwürfen der Oppositionsfraktionen.
Bezahlbarer Wohnraum gehöre zu den drängendsten politischen Herausforderungen, betont dagegen die AfD. Die SPD spricht von einer „zentralen Gerechtigkeitsfrage“. Der Einschätzung von Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU), „eine Lösung des Problems besteht aus vielen anderen Bausteinen“, stimmte die SPD-Abgeordnete Özlem Ünsal zu: Die reine Aufnahme in die Landesverfassung löse das Problem alleine nicht. Aber: Der verfassungsrechtliche Schutz wäre „eine klare politische Ansage“, so Ünsal.
Soziale Spaltung verhindern
„Zeigen Sie den Menschen da draußen, dass Sie es ernst meinen mit dem Recht auf bezahlbarem Wohnen in Schleswig-Holstein“, rief die Sozialdemokratin Jamaika zu. Die Landesregierung müsse mit ihrer Wohnungsmarkt- und Förderpolitik dafür Sorge tragen, „dass eine soziale Spaltung verhindert wird“, so Ünsal weiter.
Mit dem Entwurf unterstützt die SPD nach eigenem Bekunden eine laufende Volksinitiative des Sozialverbandes Deutschland und des Mieterbundes Schleswig-Holstein. Andere Bundesländer wie zum Beispiel Bayern und Berlin hätten das Recht auf Wohnraum bereits in ihre Verfassung aufgenommen.
4000 Wohnungen durch Landesprogramm
Vor der Überweisung der Gesetzentwürfe an den Innen- und Rechtsausschuss stellte Minister Grote im Zuge der Debatte auch den Bericht zum Programm Sozialer Wohnungsbau für 2015 bis 2018 vor. Demnach wurden aus dem Programm von 2015 bis 2017 bisher 3531 Wohnungen gefördert. Bis Ende dieses Jahres sollen es „weit über 4000“ sein, sagte Grote. Im Förderzeitraum sollen Fördermittel in Höhe von rund 530 Millionen Euro ausgegeben werden, der überwiegende Anteil für Mietwohnungsbau.
Innenminister Grote hob hervor, dass nicht genutzte Mittel in das Nachfolgeprogramm eingehen werden. Der Schwerpunkt bleibe auch in der Förderperiode 2019 bis 2021 die Mietwohnraumförderung.
Weitere Stimmen aus dem Plenum:
Jörg Nobis (AfD):
Bei dem Recht auf angemessenen Wohnraum handelt sich um ein international anerkanntes und auch von Deutschland im UN-Sozialpakt ratifiziertes Menschenrecht. Es betrifft die hinreichende Verfügbarkeit und einen offenen, diskriminierungsfreien und bezahlbaren Zugang zu Wohnraum sowie eine menschenwürdige Wohnqualität und Wohnlage.
Peter Lehnert (CDU):
Neubau ist nicht die einzige Möglichkeit zur Schaffung von Wohnraum. Auch ungenutzte Immobilien müssen verstärkt nutzbar gemacht werden. Dies gilt vor allem für leerstehende Büro- und Geschäftsräume in städtischen Lagen, genauso wie der mögliche Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnungen. Hierfür müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Andreas Tietze (Grüne):
Den Zeitpunkt für eine Änderung der Landesverfassung halten wir derzeit nicht für gegeben. Das wird die Wohnungsnot nicht lindern. Die Instrumente, um das Problem zu lösen, liegen woanders. Das Problem ist nicht nur in Schleswig-Holstein vordringlich.
Jan Marcus Rossa (FDP):
Ein gravierendes Problem haben wir in Deutschland nicht. Das Thema Wohnen ist über die Verfassung und die Gesetze bereits hinlänglich geregelt. Wir sollten unsere Landesverfassung nicht für Feigenblätter und Placebos hergeben.
Lars Harms (SSW):
In vielen Dörfern stehen Häuser leer, weil sie erheblichen Renovierungsbedarf haben oder weil sie nicht altersgerecht gebaut sind. Hier kann die Landesregierung mit Förderprogrammen Bauherren unterstützen, Wohnraum zu schaffen oder zu erweitern. Und wir brauchen ein Mieterschutzgesetz.