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4. Juli 2018 – Top 15, 33, 34: Pflanzenschutz

Habeck will Nitraten und Giften das Wasser abgraben

Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft sind ein viel diskutiertes Thema. Auch der Landtag hat sich mit der Frage beschäftigt: Welches Maß ist noch verträglich für Umwelt, Mensch und Tier?

Ein Landwirt versprüht mit einer Vorrichtung an seinem Traktor Pflanzenschutzmittel auf einem Feld.
Ein Landwirt versprüht mit einer Vorrichtung an seinem Traktor Pflanzenschutzmittel auf einem Feld.
© Foto: dpa, Patrick Pleul

Vor seinem Wechsel nach Berlin soll Umwelt- und Agrarminister Robert Habeck (Grüne) in seiner letzten Plenartagung in Kiel auf Antrag der Jamaika-Koalition dem Landtag berichten, welche Strategie das Land hat, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Schleswig-Holsteins Feldern zu reduzieren. Hintergrund: Der hohe Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gilt als eine wesentliche Ursache für die Zerstörung wertvoller Lebensräume.

Jüngsten Angaben des Bundesumweltamtes zufolge ist der Absatz von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland zwischen 1994 und 2015 von knapp 30.000 Tonnen auf über 40.000 Tonnen gestiegen. Ein gutes Drittel davon (34 Prozent) sind Unkrautgifte, darunter auch Glyphosat. Der Deutsche Bauernverband kritisierte die Behörde. Das Bundesamt bausche alte Zahlen auf und ignoriere die Weiterentwicklungen in der Landwirtschaft, hieß es kürzlich. So berücksichtige die Behörde nicht die Auswirkungen des neuen Düngerechts. Der Unkrautvernichter Glyphosat und das Düngerecht sind ebenfalls Gegenstand der Aussprache im Landtag.

Ökolandwirtschaft nimmt zu

Im Januar hatte Habeck bereits angekündigt, dass das Land zur Unterstützung des weiteren Ausbaus des Ökolandbaus und Vertragsnaturschutzes 35 Millionen Euro aufbringen will. Vorgesehen ist, eine Umschichtung von EU-Mitteln im schleswig-holsteinischen ELER-Programm zu beantragen. Knapp 26 Millionen Euro sind demnach für den Ökolandbau vorgesehen, neun Millionen für den Vertragsnaturschutz.

Die Ökolandbaufläche im Land war von 35.114 Hektar im Jahr 2011 auf 49.641 Hektar im Jahr 2016 gewachsen. 2017 kamen laut Ministerium mehrere tausend Hektar hinzu. Damit werden mehr als fünf Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet. Die Vertragsnaturschutz-Flächen legten von 20.128 Hektar im Jahr 2012 auf 36.689 Hektar im Jahr 2017 zu. Hier bekommen Landwirte zusätzliches Geld für vereinbarte Umweltleistungen, wie etwa dem Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutzmittel. Laut Habeck sind die Fördermittel für beide Maßnahmen inzwischen ausgeschöpft.

Umsetzung der Düngeverordnung eng begleiten

Zur neuen Düngeverordnung des Bundes wird das Plenum vermutlich eine im Umwelt- und Agrarausschuss erarbeitete Resolution verabschieden. Hierin wird die Landesregierung gebeten, bei der Umsetzung der Verordnung auf Landesebene die Einhaltung der Vorschriften „durch eine effiziente Kontrolle zu gewährleisten“. Dazu sollen entsprechende Schulungen und Fortbildungsprogramme durchgeführt werden, und der Vollzugsbereich sei personell zu stärken. Jüngst hat der Europäische Gerichtshof Deutschland wegen Verletzung von EU-Recht verurteilt, da die Regierung über Jahre zu wenig gegen die Zufuhr von Nitraten und Phosphor ins Grundwasser getan habe.

Ein Ursprungsantrag der SPD zur Düngeverordnung hatte dazu aufgerufen, die Regelungen im Sinne „eines nachhaltigen Gewässerschutzes“ noch intensiver nachzubessern. Mit den Vorschlägen zur Reduzierung der landwirtschaftlichen Nährstoffeinträge in Gewässer soll „die Einhaltung der von der EU geforderten Grenzwerte“ erreicht werden, heißt es in dem SPD-Antrag. Er war im April debattiert worden, und wurde vor wenigen Tagen von den Koalitionsfraktionen und AfD im Ausschuss abgelehnt. Zu der vom Ausschuss erarbeiteten Alternativfassung enthielt sich die SPD gemeinsam mit dem SSW.

Diskussion um Glyphosat hält an

Ebenfalls vor der Ablehnung steht ein weiterer SPD-Antrag zu dem Unkrautvernichter Glyphosat. Auch hier verfasste der Umwelt- und Agrarausschuss auf Betreiben von CDU, Grünen, FDP und AfD eine Alternativfassung, die dazu aufruft, in den kommenden Jahren „den Einsatz von Glyphosat zu minimieren und Alternativen voranzubringen“. Auch hier hatte die SPD noch intensivere Maßnahmen gefordert, um die Verwendung des Pflanzenschutzmittels zu unterbinden.

Die EU hatte im November vergangen Jahres die Zulassung für den Wirkstoff Glyphosat um fünf Jahre verlängert. Der SPD-Antrag war im selben Monat im Landtag debattiert worden. Der Unkrautvernichter ist sehr wirksam, gilt als preiswert und wird weltweit genutzt – ist aber umstritten, da Glyphosat im Verdacht steht, Krebs zu erregen und die Umwelt zu schädigen.

(Stand: 2. Juli 2018)

Debatte/Meldung bei Antragstellung:
April 2018 (Düngung)
November 2017 (Glyphosat)

Vorherige Debatten zum Thema:
April 2018 (Neonicotinoide)
Juli 2017 (Düngung) 

Mit einer neuen Düngemittelverordnung und dem Ausbau der Biolandwirtschaft will Umwelt- und Agrarminister Robert Habeck (Grüne) Problemen wie dem von Nitraten belasteten Grundwasser oder dem Insektensterben Einhalt gebieten.

In einem von der Jamaika-Koalition beantragten Bericht stellte er die vom Kabinett am Dienstag gebilligte Düngeverordnung für Schleswig-Holstein vor. Um die Verwendung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat und anderer giftiger Pflanzenschutzmittel einzudämmen, setzt er auf ein Bündel von Maßnahmen wie unterschiedliche Fruchtfolgen im Getreideanbau oder den Ausbau der Biolandwirtschaft.

Neues Verständnis von Landwirtschaft

Schleswig-Holstein sei das erste Bundesland das eine Düngemittelverordnung auf den Weg gebracht habe, betonte Habeck. Erstmals gebe es nun auch Regeln für den Umfang der Phosphate, die in der Landwirtschaft eingebracht werden dürfen. In seiner Rede räumte der Minister jedoch ein, dass dies alles nicht ausreichen werde, um die hohen Nitratwerte in den Griff zu bekommen. Dafür, so Habeck, seien die Tierbestände in vielen Gebieten des Landes zu hoch. Grundsätzlich brauche es „ein anderes Verständnis von Landwirtschaft“.

Mit der neuen Landesverordnung zur Düngung werden bundesrechtliche Vorgaben konkretisiert. Die sogenannte Nitrat-Kulisse umfasst im Norden rund 51 Prozent der Landesfläche, die „Phosphat-Kulisse“ etwa 13 Prozent.

„Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners“

In der weiteren Aussprache setzte es harsche Kritik aus den Reihen der Sozialdemokraten. Kirsten Eickhoff-Weber nahm dabei vor allem die Bekämpfung der Pestizide in den Blick. Die Jamaika-Koalition verfolge auf diesem Gebiet immer nur „die Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners“, statt die ehrgeizigen Ziele des seit April 2013 vorliegenden Nationalen Aktionsplans weiter zu verfolgen, konstatierte die SPD-Politikerin. Auf der Homepage des Ministeriums sei der Aktionsplan mittlerweile nicht einmal mehr verlinkt.

SSW-Mann Flemming Meyer äußerte sich skeptisch zur Düngeverordnung. Sie alleine reiche nicht aus, um die Gewässerqualität zu verbessern. Als Beispiel nannte er die Schlei. Hier müsste nicht nur die Wasserqualität verbessert, sondern auch noch die Faulschlammschicht auf dem Grund des Meeresarms entfernt werden.

„Riesiger Erfolg für den Gewässerschutz“

Zuspruch für den Minister kam aus den Reihen von CDU, Grünen, FDP und AfD. Heiner Rickers (CDU) bezeichnete die Düngemittelverordnung als „riesigen Erfolg“ für den Gewässerschutz, etwa durch die Aufbringungshöchstgrenze. Und Oliver Kumbartzky (FDP) sagte, Jamaika gelinge es mit ihrer Umwelt- und Agrarpolitik, Ökologie und Ökonomie frei von Ideologie miteinander zu verbinden.

Im Zuge der Debatte wurden zwei von der SPD eingebrachte Anträge von der breiten Mehrheit des Plenums abgelehnt. Die Oppositionsfraktion hatte sich für schärfe Maßnahmen bei der Bundesdüngeverordnung und beim Glyphosat-Ausstieg stark gemacht. CDU, Grüne und FDP brachten stattdessen mit den Stimmen der AfD zwei Alternativanträge durchs Parlament. Darin mahnen auch sie eine Reduzierung des Glyphosat-Einsatzes an und legen ein Bekenntnis zur Düngeverordnung ab – wie sie Umwelt- und Agrarministerminister Habeck vorgelegt hat.

Weitere Hauptredner:
Volker Schnurrbusch (AfD), Bernd Voß (Grüne)

Antrag

Mündlicher Bericht zum Stand der Strategie für eine Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP - Drucksache 19/779

Ausschuss-Empfehlung

Grundwasser schützen: Düngeverordnung nachbessern und effizient umsetzen!
Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 19/675
(Ausschussüberweisung im April 2018)
Bericht und Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses - Drucksache 19/823

Ausschuss-Empfehlung

Ausstiegsplan aus dem Einsatz von Glyphosat jetzt!
Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 19/291
(Ausschussüberweisung im November 2017)
Bericht und Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses - Drucksache 19/824