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25. April 2018 – Top 26, 50: Kita-Reform

Jamaika setzt auf Qualität vor Beitragsfreiheit

Der Landtag ist sich einig: Die Qualität in Kindertagesstätten muss steigen. Kinder in Schleswig-Holstein sollen besser und umfassender betreut, Eltern und Kommunen zudem finanziell entlastet werden. 

Gummistiefel für Kinder in der Garderobe einer Kindertagesstätte.
Gummistiefel für Kinder in der Garderobe einer Kindertagesstätte.
© Foto: dpa, Jens Büttner

Die Landesregierung legt zum April-Plenum ein Eckpunkte-Papier zu der von ihr geplanten Neuordnung der Kita-Gesetzgebung vor. Der Bericht beschäftigt sich mit dem Status Quo beim Ausbau der Kindertages­betreuung und fragt nach den Bedarfen. Er beleuchtet das jetzige Finanzierungs­system, die bisherigen Schritte der Regierung im Reform­prozess und das weitere Vorgehen.

CDU, Grüne und FDP hatten die in ihrem Koalitions­vertrag anvisierte Neuordnung des Kita-Systems oben auf die Prioritäten­liste gesetzt. Kernpunkte: eine Entlastung von Eltern und Kommunen, eine Verbesserung der Qualität in den Kitas, mehr Ganztags- und Randzeit­angebote, systematische und vereinfachte Finanz­strukturen und verbesserte Arbeits­bedingungen für die Fachkräfte. Die Neuordnung soll bis 2020 umgesetzt werden. Von 2018 bis 2022 will die Landes­regierung zusätzlich rund 480 Millionen Euro in die Kita-Finanzierung stecken.

Eine Reform wird von allen Landtags­fraktionen als notwendig angesehen, um den Dschungel in der Kita-Finanzierung zu lichten: Allein für die jährlich rund 230  Millionen Euro Landesmittel für die Kitas gebe es 7 Förder-Erlasse, 13 Regelungs­bereiche und 32 Kriterien der Zuweisung, sagte Familien­minister Heiner Garg (FDP) im November der Nachrichten­agentur dpa.

Betreuungsbedarf steigt

Der Regierungs­bericht, den der Landtag nun berät, liefert Zahlen zur Betreuungs­situation in den Kitas in Schleswig-Holstein: Anfang März 2017 wurden etwa 109.000 Kinder in Kindertages­einrichtungen in Schleswig-Holstein betreut, davon rund 18.000 unter drei Jahre. In der Kindertages­pflege waren es rund 7700 Kinder. Der Betreuungs­bedarf ist 2016 bundesweit erneut um 2,4 Prozent gestiegen. In Schleswig-Holstein lag er bei 46 Prozent und entsprach damit dem bundesweiten Durchschnitt.

Im Bericht heißt es: „Der steigende Bedarf, insbesondere ausgelöst durch den Wunsch der Eltern nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, durch wieder steigende Geburtenzahlen und durch Migrations­bewegungen induzierte steigende Kinderzahlen, macht einen weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau der Kinderbetreuungs­kapazitäten erforderlich.“

Mit einem neuen Betriebskosten-Erlass zur Aufstockung der Kita-Finanzierung in den Jahren 2018 und 2019 sieht das Familien­ministerium die ersten Schritte im Reform-Prozess vollzogen. Das Land gibt für diese zwei Jahre knapp 110 Millionen Euro zusätzlich an die Kreise und kreisfreien Städte – und setzt damit eine Vereinbarung mit den kommunalen Spitzen­verbänden vom Januar 2018 um.

SPD will beitragsfreie Krippe noch in diesem Jahr

Die SPD-Fraktion listet in einem eigenen Antrag drei Aspekte auf, die sie bei der Reform der Kita­gesetzgebung berücksichtigt haben will. Zum einen hält sie weiter am Ziel fest, die Kita­beiträge für Eltern schrittweise abzuschaffen. Dazu müsse im neuen Kita-Jahr 2018/2019 eine beitragsfreie Krippen­betreuung in der Grund­versorgung von fünf Stunden eingeführt werden. Im Juli 2017 waren die Sozial­demokraten mit einem Antrag zur beitrags­freien Kita im Landtag gescheitert.

Zum anderen will die SPD die Kindertages­betreuung in den Kommunen weiter bedarfsgerecht ausbauen. Die Sozial­demokraten verweisen auf eigene Erfolge aus ihrer Regierungszeit: „In den letzten Jahren wurde beim Ausbau der Kinder­betreuung viel erreicht und 10.000 Kita-Plätze neu geschaffen.“ Bund und Land sollen stärker an der Finanzierung beteiligen, fordert die SPD.

Der dritte Punkt, der der Fraktion wichtig ist: Die Qualitäts­standards in der Betreuung sollen erhalten und gestärkt werden. Dazu bedürfe es unter anderem der Verbesserung der Inklusion von Kindern mit Behinderung und der Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels durch die zweite Kraft am Nachmittag. Die Landes­regierung soll des Weiteren ein Programm zur Nachwuchs­gewinnung und Fachkräfte­sicherung in den Erzieher­berufen auflegen.

(Stand 23. April 2018)

Vorherige Meldungen zum Thema:

November 2017 (ohne Aussprache)
Juli 2017

Der Landtag ist sich einig: Die Qualität in Kindertagesstätten muss steigen. Kinder in Schleswig-Holstein sollen besser und umfassender betreut, Eltern und Kommunen zudem finanziell entlastet werden. Familienminister Heiner Garg (FDP) kündigte in einer fast zweistündigen Debatte eine Vielzahl von neuen Regelungen an, die dann 2020 greifen sollen.

So soll das „unüberschaubare Finanzierungssystem“ der Kitas entzerrt, Kindertagespflege aufgewertet, Verwaltungsaufwand abgeschafft und landeseinheitliche Strukturstandards – etwa zur Sprachförderung, Gesundheit, Inklusion oder Medienkompetenz – erstellt werden. Zudem sollen Elternbeiträge künftig gedeckelt und landesweit vereinheitlicht werden. Die Kita-Reform gehöre zu den „Leit-Projekten“ der Jamaika-Koalition, unterstrich Garg bei der Vorstellung des Regierungsberichts zur geplanten Neuordnung der Kitagesetzgebung.

Bis 2022 werden laut dem Minister zusätzlich 481 Millionen Euro fließen. Davon seien 210 Millionen für Qualitätsverbesserungen, 136 Millionen für die Entlastung der Eltern und 135 Millionen Euro für die Entlastung der Kommunen vorgesehen. Eine sofortige Beitragsfreiheit wie von der SPD gefordert, lehnt Garg ab: „Wir setzen lieber auf einen Dreiklang, als jetzt sofort nur die Beiträge der Eltern zu streichen.“ Für die Koalition gelte Qualität vor Beitragsfreiheit. „Denn die Qualität der frühkindlichen Bildung darf bei den ganzen lauten Forderungen nach sofortiger Beitragsfreiheit nicht hinten runterfallen“, stieß Katja Rathje-Hoffmann (CDU) ins gleiche Horn.

SPD: Mehr Qualität bedeutet auch mehr Personal

Die SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli nannte den Bericht eine reine Bestandsaufnahme. „Es wurden bloß alle bereits bekannten Probleme nun aufgelistet, welche in den nächsten zwei Jahren bearbeitet werden sollen.“ Zudem reiche das von der Koalition bereitgestellte Geld nicht aus. Mehr Kita-Plätze, längere Öffnungszeiten und mehr Qualität bedeuteten auch mehr Personal. Bereits jetzt könnten Träger trotz ausreichender Raumkapazitäten keine weiteren Gruppen eröffnen. „Wir haben einen nicht nur fühlbaren, sondern auch tatsächlichen Fachkräftemangel“, mahnte Midyatli.

Daher müssten die Ausbildungs- aber auch Arbeitsbedingungen für Erzieher deutlich attraktiver werden, griff Flemming Meyer (SSW) den Ball auf. „Wir dürfen nicht vergessen, dass sie oft sehr belastet und mitunter auch überlastet sind.“

Grüne: Geldbeutel darf nicht über frühkindliche Bildung entscheiden

Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben betonte, das Ziel der Jamaika-Koalition, zum familienfreundlichsten Bundesland zu werden, sei „hochgesteckt“. Der Geldbeutel der Eltern dürfe nicht ausschlaggebend dafür sein, ob Kinder eine frühkindliche Bildung bekommen oder nicht. Auch von Kalben betonte, Menschen, die sich frühkindlicher Bildung widmeten, sollten gestärkt werden. „Wir müssen alles vermeiden, damit eine gut ausgebildete Kraft aus einer Kita geht.“

Der Elternbeitrag sollte landesweit einheitlich und nicht höher sein als das Kindergeld, sagte Anita Klahn (FDP). Alles andere stehe noch nicht fest - „wir sind mitten im Reformprozess“, so Klahn. Dabei gehe es auch um den Wunsch einer zweiten Fachkraft pro Gruppe und längere Kita-Öffnungszeiten. Der Bericht enthalte viele gute Ansätze, lobte Frank Brodehl (AfD). Aber: Kitas und Erzieher müssten auf gestiegene Anforderungen reagieren. „Damit werden die Erzieher überfordert, damit kann die ganze Reform scheitern“, mahnte er.

Der SPD-Antrag mit dem Kernziel der Beitragsfreiheit wurde abgelehnt, der Alternativantrag von CDU, Grünen und FDP, der die Reformbestrebungen der Regierung begrüßt, angenommen.

Antrag

Reform der Kitagesetzgebung
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/683
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drucksache 19/707

Regierungsbericht

Neuordnung der Kitagesetzgebung
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/669
(Federführend ist das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren)