Schleswig-Holstein hat dem Verkauf seiner Anteile an der HSH Nordbank zugestimmt. Einstimmig beschloss der Landtag die Veräußerung an eine Gruppe mehrerer Finanzinvestoren um zwei New Yorker Investmentgesellschaften. Mit dem zugleich abgesegneten Nachtragshaushalt steigt der Schuldenstand des Kernhaushaltes in diesem Jahr um knapp drei Milliarden Euro. Insgesamt erhöhen sich die Schulden des Landes auf rund 30 Milliarden Euro. Grund sind die vor Jahren zur Rettung der Bank eingegangenen Garantieverpflichtungen. Der Bankenverkauf sei für Schleswig-Holstein die „wirtschaftlichste Möglichkeit“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).
Die Sitzung begann mit einstündiger Verspätung, weil die SPD nach Äußerungen des Regierungschefs vom Mittwochabend noch Beratungsbedarf hatte. Am Ende werde das Land mindestens 5,4 Milliarden Euro zusätzliche Schulden bewältigen müssen, was die Haushalte noch Jahrzehnte belasten werde, machte Günther dann in der Debatte deutlich. Trotz der schlechten Nachrichten gab er auch einen Lichtblick: So erscheine der Erhalt von 200 bis 600 Arbeitsplätzen in Kiel möglich. „Es gibt große Hoffnung, dass der Standort in der Größenordnung erhalten bleibt“, sagte er.
Es sei „Demut“ für die Politik angesagt, betonte Günther weiter. Die Entscheidung werde „sehr teuer für den Steuerzahler“. Dennoch sei der Verkauf für Schleswig-Holstein die wirtschaftlichste Möglichkeit und „die beste Option, um mit den Altlasten so vermögensschonend wie möglich umzugehen“, so Günther. Die Alternative einer sofortigen Abwicklung hätte mindestens 7,5 Milliarden Euro gekostet, sagte er. Dieser Einschätzung schlossen sich die Redner aller Fraktionen an.
Kein Freudentag für Schleswig-Holstein
Einig war sich der Landtag außerdem, dass von der Gründung der Bank an Fehler gemacht wurden und das Betreiben von Geschäftsbanken künftig nicht mehr Aufgabe eines Landes sein dürfe. „Schleswig-Holstein muss sich auf seine Kernaufgaben bei Bildung, Sicherheit und Infrastruktur konzentrieren“, konstatierte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. SPD-Finanzexperte Thomas Rother und sein Kollege Lasse Petersdotter von den Grünen erklärten, sie seien nicht begeistert von den neuen Investoren. „Die Käufer sind sicherlich nicht das, was ich unter einem sympathischen Geschäftspartner verstehen würde. Aber sie sind ein Produkt ihres Geschäfts, in dem nur die aggressivsten Akteure an die Spitze geschwemmt werden“, so Petersdotter.
FDP-Fraktionschef Christopher Vogt sprach von einem „historischen Tag und alles andere als einem Freudentag“. Die Altlast werde auch künftige Landeshaushalte belasten. Die Entscheidung über den Verkauf einer deutschen Bank gehöre nicht nach Europa, sondern nach Deutschland, bemängelte AfD-Fraktionschef Jörg Nobis das Dekret der Europäischen Kommission von 2016. „Diese Art der Aushöhlung deutscher Souveränität lehnen wir ab.“
Lob für Finanzministerin
Der Vorsitzende des SSW, Lars Harms, lobte wie alle anderen Redner auch die Verhandlungen von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und ihrem Staatssekretär Philipp Nimmermann. „Der Verkauf der Anteile ist die vermögensschonenste Variante und lässt es zu, dass wir weiterhin selbst das Steuer in der Hand halten. Darüber hinaus sehen die Verkaufsmodalitäten vor, dass wir Haftungsrisiken minimieren beziehungsweise ausschließen“, sagte Harms.
Mit der Entscheidung des Schleswig-holsteinischen Landtages hat die erste Privatisierung einer deutschen Landesbank eine weitere Hürde genommen. Die Aktion wird die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg als bisherige Haupteigentümer wegen der Belastungen der Bank aus Altgeschäften mindestens 10,8 Milliarden Euro kosten. Grund sind die vor Jahren zur Rettung der Bank von Hamburg und Schleswig-Holstein abgegebenen Garantien.
Hamburg entscheidet im Sommer
Der Vollzug des Kaufvertrags, das so genannte „Closing“, erfordert noch die Zustimmung der Bürgerschaft in Hamburg, die für Juni erwartet wird. Weitere Voraussetzungen sind zudem die Genehmigung der Kartellbehörden und die Zustimmung der Europäischen Kommission und der Europäischen Bankenaufsicht sowie die Beendigung der 2009 übernommenen sogenannten Sunrise-Garantie, mit der die Länder im Umfang von zehn Milliarden Euro für Verluste aus den Altgeschäften der früheren HSH Nordbank haften.
Der Kaufpreis in Höhe von einer Milliarden Euro kann sich verringern, wenn die Länder nach abschließender Überprüfung weniger als die volle Garantiesumme auszahlen. Für die vorzeitige Beendigung und Auszahlung der Garantie erhalten die Länder einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 100 Millionen Euro. Durch den Fortbestand der Bank werden die Risiken aus der Gewährträgerhaftung für die Länder reduziert.