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23. Februar 2018 – Top 30: Altersnachweis bei Flüchtlingen

Heftige Kritik an AfD-Antrag zu Alterstests

Die AfD will das Alter von minderjährigen Flüchtlingen künftig medizinisch untersuchen lassen. Der entsprechende Antrag wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

Der Kopf eines Menschen von hinten, daneben das Röntgenbild einer Hand
Der Kopf eines Menschen von hinten, daneben das Röntgenbild einer Hand
© Foto: dpa, Felix Kästle

Die AfD will das Alter von minderjährigen Flüchtlingen künftig medizinisch untersuchen lassen. Unter anderem sollen die Jugendämter „regelmäßige“ Alterstests „zwingend als amtsärztliche Begutachtung“ durchführen lassen. Das solle auch für alle minderjährigen Flüchtlinge gelten, gegen die strafrechtlich ermittelt wird, heißt es in dem Antrag. Bei vorsätzlich falschen Altersangaben will die AfD „mögliche Sanktionen“ prüfen lassen. Nicht bei allen jungen, unbegleiteten Flüchtlingen steht das Alter zweifelsfrei fest – etwa weil Geburten im Herkunftsland nur mangelhaft erfasst wurden oder Dokumente fehlen.

Bisher werde das Alter von jungen Geflüchteten nur anhand der Ausweispapiere festgestellt oder „hilfsweise“ von einem Mitarbeiter des Jugendamtes bei einer „qualifizierten Inaugenscheinnahme“ bewertet. Nach Auffassung der AfD reicht das nicht aus. Mit der medizinischen Untersuchung will sie das Alter nach „wissenschaftlich-forensischen“ Maßstäben eindeutig bestimmen lassen und so den Missbrauch der Jugendhilfe und des Jugendstrafrechts verhindern. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich für eine entsprechende deutschlandweite Regelung einzusetzen. Das Asyl- und Aufenthaltsrecht und auch das Kinder- und Jugendhilferecht in Deutschland sehen einen besonderen Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vor. Diese erhalten unter anderem einen Vormund und müssen in einer „geeigneten Einrichtung oder sonstigen Wohnform“ vorläufig untergebracht werden.

Ärzte kritisieren Altersuntersuchung

In den vergangenen Wochen ist das Thema bereits mehrfach in den Medien diskutiert worden. Anlass gaben zuletzt zwei Fälle aus Hessen und Rheinland-Pfalz, in denen zwei junge Flüchtlinge ihre Ex-Freundinnen niedergestochen haben sollen. Die Geflüchteten gaben an, minderjährig zu sein. In beiden Fällen ließ die Staatsanwaltschaft das Alter überprüfen.

Mehrere Unionspolitiker hatten sich daraufhin für obligatorische Alterstests für mutmaßlich minderjährige Asylbewerber etwa durch ein Röntgenbild der Hand ausgesprochen. Kritik kommt vor allem von Ärzten. Sie verweisen unter anderem auf den hohen Aufwand und haben zudem medizinische Bedenken. Der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery etwa erklärte im Januar gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“: „Röntgen ohne medizinische Indikation ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.“ Auch er lehnt Alterstests ab.

Experten zufolge kann keine einzelne Methode das Alter eines Jugendlichen oder jungen Erwachsenen genau bestimmen. Insofern werden häufiger mehrere Methoden miteinander kombiniert. Bei der sogenannten Inaugenscheinnahme schaut sich ein Arzt etwa die Zahnreife oder die allgemeine körperliche Reife an. Zudem können Röntgenaufnahmen von Zähnen, Handwurzelknochen beziehungsweise Hand oder Schlüsselbeinen herangezogen werden. Das Röntgen ist nicht unumstritten, weil die Betroffenen zum einen Strahlung ausgesetzt werden und zum anderen eine gewisse Restunsicherheit bleibt.

(Stand: 19. Februar 2018)

Die Rechtslage auf diesem Gebiet sei gegeben, die gegenwärtige Praxis geregelt und der Antrag rein populistischer Natur, hieß es aus den Reihen der anderen Fraktionen.

In der Debatte wurde der AfD vorgeworfen, mit schlecht recherchierten Forderungen das Vertrauen in den Rechtsstaat zerstören zu wollen und ausländerfeindliche Stimmungen zu schüren.

Hauptredner:
Claus Christian Claussen (CDU), Tobias von Pein (SPD), Eka von Kalben (Grüne), Jan Marcus Rossa (FDP), Lars Harms (SSW), Sozialminister Heiner Garg (FDP) 

Anträge

Maßnahmen zur Altersfeststellung bei minderjährigen Ausländern
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/519

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drucksache 19/552