Er ist rund zwölf Milliarden Euro schwer und weist den politischen Weg für das kommende Jahr – der erste Landeshaushalt der Jamaika-Regierung. In Erster Lesung setzen Finanzministerin und Koalitionsfraktionen ein positives Ausrufezeichen. Die Opposition antwortet mit harscher Fundamentalkritik und reiht zahlreiche Fragezeichen auf.
Zum Auftakt der Haushaltsdebatte hebt Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) die Innovationskraft des Etatentwurfs hervor: „Wir tilgen Schulden, sanieren die Infrastruktur und investieren in die Bildung“. Selbstbewusst stellte sie den strukturell ausgeglichenen Etatentwurf unter das Leitmotto „Unser Haushaltsentwurf 2018 atmet Zukunft“. Für SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner baut das Zahlenwerk auf Basis der alten rot-grün-blauen Landesregierung auf. Er sprach Jamaika solide Weiterarbeit ab und gab ihr nur eine gute Note für die Öffentlichkeitsarbeit.
Deutlich mehr Einnahmen im kommenden Jahr
Mehr Geld für Bildung, Infrastruktur, Polizei und Justiz sowie Digitalisierung, außerdem werden 185 Millionen Landes-Schulden getilgt: Das sind die Eckpunkte des Haushaltes 2018, den Heinold dem Parlament vorstellte. Der Etatentwurf sieht für das kommende Jahr Einnahmen von rund 12,04 Milliarden Euro vor. Das ist ein Plus von 625 Millionen im Vergleich zu diesem Jahr. Die Ausgaben sollen um fast 500 Millionen auf 11,86 Milliarden Euro steigen. Das Investitionsvolumen beträgt 1,07 Milliarden Euro, die Investitionsquote steigt von 7,9 auf 9 Prozent. Die Zins-Steuer-Quote sei von 16,3 Prozent im Jahr 1996 auf 5,3 Prozent im Jahr 2018 gefallen.
Die Finanzministerin betonte: Jamaika arbeite solide und ambitioniert, vertrauensvoll und verlässlich. Erneut, zum vierten Mal in Folge, komme der Landeshaushalt ohne neue Schulden aus .Ökonomie und Ökologie liefen nicht gegeneinander, sondern miteinander, zudem werde die Landesverwaltung gestärkt. „Wir nehmen an vielen Stellen viel Geld in die Hand, damit wir im echten Norden auch zukünftig die glücklichsten Menschen sind“, so Heinold. Schleswig-Holstein bleibe zwar Konsolidierungsland und stehe unter strenger Beobachtung des Bundes aber: „Wir wollen nicht wie in den letzten Jahrzehnten von Sparklausur zu Sparklausur taumeln“.
Trotz sprudelnder Steuereinnahmen und niedrigen Zinsen mahnte sie mit Blick auf Forderungen der Opposition nach Wiederauszahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld an Beamte und nach Landesgeldern für Tierheime zur Vernunft. Nicht alles, was wünschenswert sei, könne jetzt schon umgesetzt werden. „Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.“ Auch Forderungen, das Land müsse den Kommunen Einnahmeausfälle bei den Straßenausbaubeiträgen kompensieren, erteilte die Ministerin eine Absage.
Stegner: Regierung hat kein Interesse an Arbeitnehmerrechten
Stegner hielt Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) vor, im Wahlkampf die „große Wende“ angekündigt zu haben. Davon sei im ersten Haushaltsentwurf der Koalition jedoch nichts zu sehen. Vielmehr, so der Oppositionsführer, handele es sich um „ein Weiter-so der letzten Jahre“.
Im Umweltbereich hätten CDU und FDP beispielsweise radikal kürzen wollen, die Union beispielsweise 1,2 Millionen Euro bei der Biotopkartierung, die Liberalen rund 2,3 Millionen bei Natura 2000. Von beidem sei überhaupt nichts übrig geblieben, so Stegner. Dies wertete er als „gutes Signal“ wie auch die Tatsache, dass Jamaika-Koalition wie die Nord-Ampel mit mehr Lehrerstellen und Polizisten plane. Bei den Investitionen in die Sanierung der Infrastruktur habe die Regierung Günther ein halbes Jahr gebraucht – „eine steile Lernkurve“, so Stegner.
Schwere Vorwürfe erhob er dagegen im Feld der Arbeitspolitik. Jamaika würde Arbeitnehmerrechte „nicht die Bohne interessieren“. Als Beispiel nannte der SPD-Fraktionschef den Vorstoß im Bundesrat gegen die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn. Stegner forderte, das Weihnachtsgeld für Beamte wiedereinzuführen. Dies hätten SPD und CDU 2007 in der Großen Koalition den Landesbediensteten versprochen, sobald es dem Land finanziell wieder besser gehen würde – das sei angesichts sprudelnder Steuereinnahmen der Fall.
Ein Stapel mit Euro-Scheinen
©
Foto: Andreas Hermsdorf, pixelio.de
Weitere Stimmen der Parlamentarier
CDU-Fraktionschef Tobias Koch…
erklärte: Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass Jamaika funktioniert, dann sei es dieser Haushalt. Es werde das umgesetzt, was CDU, FDP und Grüne im Koalitionsvertrag gemeinsam ausgehandelt haben. „Es gibt gute Nachrichten an allen Ecken und Enden des Haushaltsentwurfes“, sagte Koch.
Der SPD hielt er vor „das Blaue vom Himmel zu versprechen, weil Sie es ja nicht mehr durchsetzen müssen“. Mittlere dreistellige Millionenbeträge für die Kompensation der Straßenausbaubeiträge, das Weihnachtsgeld für Beamte und eine dauerhaft kostenfreie Kita seien „illusorisch“. Koch mahnte, das Land müsse gerüstet sein für Zeiten, in denen keine konjunkturelle Hochphase und keine Niedrigzinsphase mehr herrsche. Koch: „Nur weil der Landeshaushalt schwarze Zahlen schreibt, sind die Probleme des Landes noch längst nicht alle gelöst.“
Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben…
gestand ein: Die Steuereinnahmen seien zwar momentan gut, angesichts von 27 Milliarden Euro Schulden aber doch eher nur relativ gut. Gehe es so weiter brauche Schleswig-Holstein noch 146 Jahre, um schuldenfrei zu sein. „Und dabei haben wir die Schlussrechnung der HSH Nordbank im kommenden Jahr noch nicht mit eingerechnet. Das kostet dann wieder ein paar Jahrzehnte mehr.“ Im Sinne der Generationengerechtigkeit lohne es sich, Schulden zu tilgen, sagte von Kalben. „Wir wollen nicht beim ersten Zeichen von finanzieller Erholung jede Haushaltsdisziplin fahren lassen.“
Der Opposition hielt sie vor, keine vernünftigen Vorschläge zu machen, etwa, „wo sie die 140 Millionen Euro für das Weihnachtsgeld für Beamte wegnehmen wollen.“ Jamaika bleibe lieber vorsichtig und setze Prioritäten. „Wer zerlegen erst das Fell des Bären, wenn er erlegt ist und nicht vorher“, so von Kalben. Eine Unterstützung des Landes für die Tierheime könne sie sich dagegen vorstellen, ging sie auf die Forderung des SSW ein. Dies müsse im Ausschuss diskutiert werden.
Der designierte Fraktionsvorsitzende der FDP, Christopher Vogt…
nahm in seiner Rede den Schuldenabbau ins Visier. Dieser Kurs werde auch unter Jamaika weitergehen – dies sei eine gute Nachricht auch für all jene Schleswig-Holsteiner, „die heute noch nicht geboren sind“, so Vogt. Viele zu lange habe die Landespolitik Haushaltsprobleme durch die Aufnahme neuer Kredite gelöst. Dass das nicht sozial gerecht sei, habe man während der Finanzkrise in einigen Staaten Europas sehen können.
Vogt, der Donnerstagabend den Fraktionsvorsitz von Wolfgang Kubicki offiziell übernehmen wird, betonte vor diesem Hintergrund die Vorzüge der Schuldenbremse. Durch Selbstverpflichtung zur Haushaltsdisziplin und die lange anhaltende Aufschwungphase hätte sich ein finanzieller Spielraum ergeben, den die Koalition weiter nutzen wolle, um das Land „fit für die Zukunft zu machen“. Dafür werde „in Beton und in Köpfe“ investiert, sagte der Politiker der Liberalen.
Für die AfD erklärte der Fraktionsvorsitzende Jörg Nobis…
beim Haushalt herrschten „karibische Verhältnisse“. Dabei sei die Schuldenquote in Jamaika sogar geringer als die in Schleswig-Holstein. Nobis verwies vor allem auf die „hohen Belastungen in der Ausländerpolitik“, die auf eine verfehlte Flüchtlingspolitik zurückgingen. Geld sollte nicht für die Integration von Personen eingesetzt werden „die ohnehin kein Bleiberecht haben“, sondern eher dafür, um die Menschen schnell wieder in ihre Heimatländer zurückzuschicken.
„Der Ministerpräsident ist gut im Ankündigen und bei Versprechungen, doch in der Wirklichkeit kommt nichts an“, so Nobis. Sein Fazit: „Bei guten Rahmenbedingungen machen Sie nicht alles falsch, aber leider vieles.“ In zentralen Politikfeldern packe die Regierung die Probleme nicht an den Wurzeln. „Sie nutzen stattdessen die Steuereinnahmen als parteipolitisches Füllhorn, als karibisches Wünsch dir was.“
Der Vorsitzende des SSW im Landtag, Lars Harms…
befand, Jamaika baue in vielen Bereichen „auf der guten Vorarbeit der Küsten-Koalition“ auf. Allerdings begehe die neue Regierung auch „schwerwiegende Fehler“ – etwa bei der Rückkehr der Abiturvorbereitungszeit von G8 auf G9. Zudem bemängelte er, dass der Tierschutz im Haushalt unterfinanziert sei. Mit Blick auf einen Änderungsantrag seiner Landtagsgruppe forderte er, dass sich Schleswig-Holstein wie andere Bundesländer an der Finanzierung der Tierheime beteiligen müsse.
Positiv bewertete Harms die Erhöhung der Investitionen im Verkehrsbereich auf 150 Millionen Euro. Die ehemalige rot-grün-blaue Koalition habe „nur 100 Millionen geschafft“. Auch in der Minderheitenpolitik stellte er der Jamaika-Regierung ein gutes Zeugnis aus. Harms begrüßte es, dass nahezu alle Minderheitenorganisationen sich über „Budgeterhöhungen“ freuen dürften.
Abstimmungen und Überweisungen
Die Haushaltsgesetze und der Gesetzentwurf zu den Sonderzahlungen für Beamte wurden ebenso wie der SSW-Antrag auf Unterstützung der Tierheime mit Landesgeldern an den Finanzausschuss überwiesen. Dort wird auch die Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2016 beraten.
Die vorliegenden Gesetzesänderungen zum „IMPULS“-Programm („InfrastrukturModernisierungsProgramm für unser Land Schleswig-Holstein“), zum Sondervermögens zur Förderung des Schienenpersonennahverkehrs sowie zum Gebäudemanagement Schleswig-Holstein wurden einstimmig verabschiedet.
Der Ausschussempfehlung zur Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2015 wurde einstimmig zugestimmt.