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14. Dezember 2017 – Top 2, 21: Schulgesetz

Schleswig-Holstein kehrt zu G9 zurück

Das Turbo-Abitur wird in Schleswig-Holstein zum Auslaufmodell. CDU, Grüne, FDP und AfD setzten am Donnerstag die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren an den schleswig-holsteinischen Gymnasien durch.

Schüler rennen an einer mit G8 und G9 beschrifteten Tafel vorbei.
Schüler rennen an einer mit G8 und G9 beschrifteten Tafel vorbei.
© Foto: dpa, Armin Weigel

Die Jamaika-Fraktionen wollen in dieser Tagung einen Kernpunkt ihres Koalitionsvertrages umsetzen: Die Abkehr vom achtjährigen sogenannten Turbo-Abitur an Gymnasium (G8) hin zum alten neun Jahre währenden G9-Abi. Der Zweiten Lesung einher geht die Forderung des SSW, „zeitnah Gespräche mit den Kommunen zu führen und die Mehrbedarfe im Rahmen der Umstellung auf G9 auszuloten“.

Derzeit bieten 84 der insgesamt 99 Gymnasien im Land das schnelle Abitur an. An elf Gymnasien gibt es bereits G9, an vier Schulen sowohl G8 als auch G9. Laut der Schulreform, für die nach den Ausschuss­beratungen eine breite Mehrheit sicher scheint, dürfen Gymnasien ab dem Schuljahr 2019/2020 nur dann weiterhin das Turbo-Abitur anbieten, wenn sich die Schulkonferenz mit mindestens 75 Prozent dafür ausspricht. Ein Änderungsantrag der SPD fordert hingegen eine einfache Mehrheit. G8-willige Gymnasien sollen laut dem Gesetzentwurf bis Ende März kommenden Jahres abstimmen.

Das “Turbo-Abitur“ nach insgesamt nur zwölf Schuljahren ist in den letzten Jahren kontrovers diskutiert worden. Nachdem sich zunächst fast alle Bundesländer dem internationalen G8-Standard angeschlossen hatten, gab es in einigen einen teilweisen oder völligen Schwenk zurück zum neunjährigen Gymnasium – unter anderem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder Bayern.

SSW sieht Schulträger überfordert

Mit seinem Begleitantrag will der SSW eine verbindliche Vereinbarung zwischen Land und Kommunen zur zusätzlichen Übernahme der entstehenden Mehrbedarfs­kosten durch das Land erreichen. Für die längere Schulzeit sei insbesondere ein größerer Raumbedarf erforderlich – viele betroffene Schulträger hätten bereits signalisiert, dass sie das finanziell überfordern würde, argumentiert der SSW.

Unterdessen haben CDU, Grüne und FDP Anfang Dezember angekündigt, mit mehr Lehrerstellen den Gymnasien die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren erleichtern zu wollen und mehr Unterricht zu ermöglichen. Ab 2019 sollen die Gymnasien befristet auf zwei Jahre jeweils eine halbe Stelle zusätzlich erhalten sowie für vier weitere Jahre jeweils eine Viertelstelle. Ganztags­angebote an Gymnasien will die Koalition ab dem Schuljahr 2019/2020 mit 50 zusätzlichen Lehrerstellen unterstützen. Zu den mögliche Kosten der Schulreform in den Kommunen will die Koalition im Januar in einem Spitzengespräch mit den kommunalen Spitzen­verbänden sprechen.

(Stand: 08. Dezember 2017)

Vorherige Debatten zum Thema:
1. Lesung Schulgesetz: September 2017
Juli 2017

Das Turbo-Abitur wird in Schleswig-Holstein zum Auslaufmodell. CDU, Grüne, FDP und AfD setzten am Donnerstag die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren an den schleswig-holsteinischen Gymnasien durch. SPD und SSW bemängelten erneut, dass Gymnasien, die bei G8 bleiben wollen, dafür eine Dreiviertelmehrheit der Schulkonferenz benötigen. Die Sozialdemokraten machten sich für eine einfache Mehrheit stark, scheiterten aber mit ihrem Änderungsantrag an der Koalition.

In der Debatte nahmen die Abgeordneten auch die möglichen finanziellen Folgen der Rückkehr zu G9 in den Blick. Wenn es schon keine Wahlfreiheit für die Schulen gebe, dann dürfe man die Kommunen nicht mit den Kosten im Regen stehen lassen, befand Jette Waldinger-Thiering (SSW). Für die Rückkehr zu G9 brauche es schließlich mehr Räume und mehr Lehrkräfte. Ihre Partei forderte deshalb in einem Antrag eine verbindliche Vereinbarung zur Kostenübernahme. Dieser Vorstoß scheiterte an der Mehrheit der Jamaika-Koalition.

Loose: Kosten noch nicht abzusehen

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) warf dem SSW vor, „auf blauen Dunst über eine Kostenlawine zu spekulieren“. Über die Kosten werde mit den kommunalen Verbänden gesprochen und dann auf fachlicher Grundlage eine Entscheidung getroffen. In dieselbe Richtung argumentierte Tobias Loose (CDU): Die entstehenden Kosten seien heute noch nicht abzusehen. Loose sieht in der Rückkehr zu G9 grundsätzlich den richtigen Weg, um an den Gymnasien eine bessere Unterrichtsqualität zu erreichen.

Für eine Grundgesetzänderung brauche es eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Für den Verbleib bei G8 müsse eine Schulkonferenz eine Dreiviertelmehrheit organisieren, wiederholte Martin Habersaat (SPD) die Hauptkritik der Sozialdemokraten. Die Tatsache, dass die Regierungsfraktionen an dem Quorum und auch sonst nichts an dem Gesetzentwurf des Ministeriums geändert hätten, zeige: „Dialog war gestern - ab jetzt wird durchregiert.“

Strehlau: Kein Gymnasium will bei G8 bleiben

Für G9 spreche, dass Jugendliche aus Nicht-Akademiker-Familien nach neun Jahren am Gymnasium häufiger ein Studium beginnen würden, konstatierte Ines Strehlau (Grüne). Das falle als bildungspolitisches Argument für G9 ins Gewicht, auch wenn die Grünen grundsätzlich keine Fans von ständigen Wechseln seien. Zudem gebe es ihres Wissens nach kein Gymnasium, das an G8 festhalten wolle.

„Wäre es nach den Eltern gegangen, hätte es die Umstellung auf G8 nie gegeben“, sagte Frank Brodehl (AfD). Brodehl machte zugleich deutlich, dass die Rückkehr zu G9 aber auch zu einer Qualitätsdebatte führen müsse. Die Gymnasien müssten sich weiterentwickeln, so seine Forderung.

2. Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes 
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drs. 19/166

Änderungsantrag der Fraktion der SPD – Drs. 19/200

(Ausschussüberweisung am 20. September 2017)
Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses – Drucksache 19/353

Antrag

Mehrbedarfskosten durch Umstellung auf G9 übernehmen
Antrag der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/381