Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) hat wegen der diversen Mängel im Schienenverkehr des Landes eine härtere Gangart gegenüber der Deutschen Bahn angekündigt. Der Konzern müsse endlich Verantwortung übernehmen, forderte der Minister in einer gut anderthalbstündigen Debatte. Gleichzeitig verlangte Buchholz vom Bundesverkehrsministerium, die Bedeutung der Infrastrukturprojekte beim Ausbau der Marschbahn, der Erweiterung des Knotenpunkts Elmshorn und der S-Bahn-Linie 4 zwischen Hamburg und Bad Oldesloe als „transeuropäische Projekte“ anzuerkennen und Mittel dafür bereitzustellen.
Zahlreiche Probleme wie Verspätungen, Streckensperrungen, Zugausfälle durch Unwetter und schlechtes Informationsmanagement, die zehntausende Bahnkunden in den letzten Monaten verärgerten, kamen in der emotionsgeladenen Diskussion auf den Tisch. Deutlich wurde: Der Landtag sieht die Bahn in Schleswig-Holstein aus der Spur geraten und fordert fraktionsübergreifend Verbesserungen, vor allem an der Infrastruktur und in der Informationspolitik. Minister Buchholz erklärte, er werde darauf achten, dass vor allem die besonders betroffene Deutsche Bahn ihre vertraglichen Verpflichtungen einhält.
Die Koalitionsfraktionen sprachen sich auch für eine bessere Pflege des Streckennetzes aus, etwa ein verstärkter Blick auf den Bewuchs entlang der Gleise, um Zugausfälle durch umstürzende Bäume zu verhindern. Es müsse verhindert werden, „dass weder Wildwuchs noch Sturm zu regelmäßigen Beeinträchtigungen im Bahnverkehr führen“, betonte Kay Richert (FDP). Dies bedeute nicht, dass es flächendeckende Rodungen geben sollte. „Es ist vielmehr eine vorausschauende Grünpflege mit punktuellen Maßnahmen notwendig, um witterungsunabhängig den Bahnverkehr gewährleisten zu können”, so Richert. Minister Buchholz kündigte eine Initiative beim Bund für eine veränderte Pflegetechnik an.
Arp: Fehlende Infos für Pendler unerträglich
Es sei in der Vergangenheit zu wenig in vernünftige Infrastruktur investiert worden, konstatierte Hans-Jörn Arp (CDU). Zudem habe er habe kein Verständnis dafür, warum Züge in Schleswig-Holstein nicht fahren, wenn es in Niedersachsen stürme und schneie. Und: „Es ist für die Pendler unerträglich, wenn sie nicht informiert werden“, so Arp.
„Die Probleme bei der Deutschen Bahn reißen nicht ab“, schloss Volker Schnurrbusch (AfD) an. Auch seine Fraktion forderte, die Bahn müsse ihren Informationspflichten gegenüber dem Land besser nachkommen. Geschehe das nicht, müsse es auch „Sanktionen“ geben.
SPD warnt vor unrealistischen Versprechungen
Der Grünen-Abgeordnete Andreas Tietze forderte ein integriertes Logistikkonzept für Sylt. Es müsse so aufgebaut werden, dass Fahrzeuge nicht mehr an der engsten Stelle der Insel in Westerland verladen werden. „Die Nerven auf der Insel liegen blank, genug ist genug“, so Tietze. Ein Koalitionsantrag fordert die Landesregierung dazu auf, in Berlin alle Hebel für den zweigleisigen und elektrifizierten Ausbau der gesamten Marschbahn, der Strecke zwischen Elmshorn und Sylt, in Gang zu setzen.
Die Koalition mache „unrealistischen Versprechungen“, hielt Kai Vogel (SPD) Union , Grünen und Liberalen vor. „Schieneninfrastruktur wetterfest machen, klingt ja toll, doch wie wollen Sie so eine Versprechung zu 100 Prozent umsetzen?“, fragte er. Für eine wetterfeste Schienenverbindung in Schleswig-Holstein müssten alle Strecken erst „untertunnelt oder mit einem Deckel versehen“ werden.
Flemming Meyer (SSW) ging auf die öffentlich diskutierte Reaktivierung der Strecke Flensburg-Niebüll ein. Das wäre „ein Bärendienst für die Region im Norden“, mahnte er. Der SSW habe die Befürchtung, dass die Marschbahn erheblich zurückgefahren wird, wenn der elektrifizierte Schienenverkehr hauptsächlich von Hamburg via Flensburg nach Westerland geführt wird. „Und das will niemand an der Westküste“, so Meyer.
Alle Fraktionen sprachen sich zudem für den zügigen Ausbau der S-Bahn-Linien 4 und 21 von Hamburg nach Bad Oldesloe aus. Der Landtag folgte einstimmig einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für die Zusammenarbeit der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg. Dieser setzt fordert auch eine baldige Finanzierungszusicherung des Bundes.
Der AfD-Antrag und die Alternativanträge der SPD wurden abgelehnt, die Anträge der Koalition erhielten eine Mehrheit.