Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat hat am Donnerstagmorgen im Landtag die Stimmung vergiftet. Während SPD, Grüne und SSW in einer emotional geführten Debatte die Landesregierung aufforderten, sich auf Bundesebene klar gegen die weitere Zulassung auf EU-Ebene auszusprechen, sehen CDU, FDP und AfD noch keine Alternativen zu dem Mittel. Die SPD, die mit Blick auf die im Dezember auslaufende Lizenz des Total-Herbizids auf eine sofortige Entscheidung des Landtages drängte, scheiterte mit dem Antrag auf namentliche Abstimmung. Nun berät der Umwelt- und Agrarausschuss das Thema weiter.
Die Zulassung von Glyphosat steht auf der Kippe. Der Unkrautvernichter ist sehr wirksam, gilt als preiswert und wird weltweit genutzt – ist aber umstritten, da Glyphosat im Verdacht steht, Krebs zu erregen und die Umwelt zu schädigen. Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) sprach sich daher für ein sofortiges Verbot für die privaten Nutzer und eine möglichst kurze Verlängerung auf EU-Ebene aus, die gebunden sein müsse an einen „klaren Ausstiegsplan mit begleitenden Restriktionen“. „Wir müssen sicherstellen, dass das eine Total-Herbizid nicht schlicht durch ein anderes ersetzt wird“, sagte sie.
Habeck überzeugt: In fünf Jahren ist Schluss mit Glyphosat
Solange nicht wirklich ausgeschlossen werden könne, dass Glyphosat krebserregend ist, gehöre es vom Markt genommen, schloss Flemming Meyer (SSW) an. „Wir haben als Politik eine Verantwortung gegenüber dem Menschen und nicht gegenüber der Chemie-Industrie.“ Auch der Grünen-Abgeordnete Bernd Voss zeigte deutliche Sympathien für den SPD-Antrag. „Ein konkretes europaweites Ausstiegszenario ist überfällig.“ Es müsse klar festgelegt werden, dass es nicht immer wieder eine erneute Verlängerung geben wird. Voss forderte ein EU-weites Verbot der Vorerntebehandlung, ein Verbot auf Verkehrswegen und Plätzen und ein Glyphosat-Verbot in Privatgärten Parks und Spielflächen.
Umweltminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich über das „Erwachen des Umweltbewusstseins der SPD in der Opposition“ erfreut. Er betonte aber, der Antrag komme zu spät. Die Bundesregierung habe sich bei der Abstimmung über eine Verlängerung der Lizenz für Glyphosat enthalten. Damit sei das Beteiligungs-Verfahren abgeschlossen. Die Entscheidung liege nun bei der EU-Kommission. Er gehe davon aus, dass eine Genehmigung für fünf Jahre erteilt wird und dann Schluss ist.
Union weist auf rückgängige Verwendungszahlen hin
Heiner Rickers (CDU) machte deutlich, dass sich in den vergangenen Jahren viel getan habe. Die Mengen des eingesetzten Glyphosats seien in Deutschland von 2012 bis 2016 von 6.000 auf 3.700 Tonnen gesunken. Zudem habe das Bundesinstitut für Risikoforschung das Herbizid als nicht krebserregend eingestuft. Die CDU sei deshalb für eine „nicht zu lang gefasste Genehmigung“. Zudem sei es in Ordnung, Glyphosat sparsam einzusetzen. Landwirten müssten aber Wege aufgezeigt werden, wie sie den Einsatz vermeiden und Alternativen anwenden können.
Oliver Kumbartzky (FDP) nannte den SPD-Vorstoß einen „Schaufenster-Antrag“. Die Sozialdemokraten forderten „mal wieder“ etwas ein, was sie in jahrelanger Regierungsverantwortung nicht umgesetzt hätten. Er verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem sich CDU, Grüne und FDP für einen Abbau von Pestiziden in der Landwirtschaft verständigt hätten.
Für die AfD kommt ein Ausstieg aus Glyphosat erst dann in Betracht, wenn Alternativen vorliegen, die weder die Landwirte noch die Umwelt unvertretbar belasteten. „Glyphosat ist nach internationalen toxikologischen Standards weniger giftig als beispielsweise Kochsalz oder Backpulver“, sagte Doris von Sayn-Wittgenstein (AfD).
SPD über Aussage des Ministers auf der Zinne
Umweltminister Robert Habeck betonte, es gebe bereits Alternativen zu Glyphosat, etwa digital sensorgesteuerte mechanische Hackmaschinen. Diese müssten zur Marktreife geführt werden. „Die chemische Landwirtschaft wird zu einem Ende führen“, sagte er.
Für Aufregung in der SPD sorgte eine andere Aussage Habecks. „Ich freue mich wirklich über das Erwachen des Umweltbewusstseins der SPD in der Opposition“, sagte der Grünen-Politiker. Die SPD-Umweltpolitikern Sandra Redmann sprach von einer„ Frechheit“ und forderte eine Entschuldigung des Ministers. „Ich finde das schäbig. Vergeblich drang ihre Koalition auf eine namentliche Abstimmung in der Sache über den Antrag für einen Ausstiegsplan. „Wieso haben sie nicht die Traute, dass wir in der Sache abstimmen“, fragte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner.