Seit dem Frühjahr liegt die Zahl der Ausreisepflichtigen in Schleswig-Holstein bei mehr als 100 Personen. Dies hat Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) in einem von der Jamaika-Koalition beantragten Regierungsbericht zum Rückführungsmanagement des Landes erklärt. Mehr als die Hälfte dieser Menschen sei freiwillig ausgereist. Zur Wahrheit gehöre aber auch, so Grote, „dass rund zehn Prozent untergetaucht sind“.
Das für Rückführungen zuständige Dezernat sei „personell verstärkt“ worden, berichtete Grote weiter. Das Rückführungsmanagement sehe eine Beratung, Unterstützungsmaßnahmen für die Betroffenen sowie eine Unterbringung in einer Landesunterkunft vor. Ausreisepflichtige in Abschiebehaft zu nehmen, sei die „Ultima Ratio“, das letzte mögliche Mittel, so Grote.
Im Zuge der Debatte wurden vom Plenum zwei AfD-Anträge zum abgelehnt. Gefordert war darin unter anderem die „Reaktivierung der Abschiebehaftanstalt Rendsburg“. Die Räumlichkeiten dort seien dafür nicht geeignet, stellte Minister Grote klar. Derzeit suchten die norddeutschen Länder gemeinsam nach einem geeigneten Standort. Sollte es zu keiner Übereinkunft kommen, werde die Jamaika-Koalition „notfalls allein handeln“, sagte Kay Richert (FDP).
Koalition uneins beim Thema Maghreb-Staaten
Ebenfalls keine Mehrheit fand die AfD-Forderung, die zu den Maghreb-Staaten zählenden Länder Marokko, Tunesien und Algerien zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart worden, konstatierte Claus Christian Claussen (CDU), dass sich die Landesregierung bei dieser Frage im Bundesrat enthalte. Die AfD könne nicht erwarten, dass „wir die Koalition aufs Spiel setzen“, fügte er hinzu, und räumte ein: Bei den Maghreb-Staaten seien Union und Grüne unterschiedlicher Meinung.
Claus Schaffer (AfD) warf der Koalition pauschal vor, dass sogenannte Gefährder in Schleswig-Holstein einfach untertauchen könnten. Er nannte eine Zahl zwischen zehn und 30 Personen vom Schlage eines Anis Amri, dem Attentäter von Berliner Weihnachtsmarkt.
Zahl der Gefährder liege im „kleinen zweistelligen Bereich“
Die Zahl der Gefährder liege im „kleinen zweistelligen Bereich“, hielt Innenminister Grote dagegen. Diese Leute stünden unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, Zudem handele es sich nicht um Straftäter, weshalb sie nicht ohne Weiteres in Haft genommen werden könnten. In dieselbe Richtung argumentierte Serpil Midyatli (SPD): Menschen, die nichts verbrochen haben, dürften nicht in einer Haftschiebeanstalt untergebracht werden, erklärte sie.
Animata Touré von den Grünen betonte, dass auch freiwillige Ausreisen mit Härten verbunden seien. Was die künftige Rückführungsunterkunft anbelange, so sei es wichtig, dass diese „humanen Ansprüchen“ gerecht werde. Die Errichtung eines gemeinsamen norddeutschen Abschiebegewahrsams sei „grundsätzlich ein vernünftiger Ansatz“, sagte Lars Harms (SSW). Ob und wie die humanitären Standards tatsächlich eingehalten werden können, müsse die Praxis zeigen.