Die Autobahn 20 sorgt auch im neugewählten Landtag für Streit. Nachdem Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) vergangene Woche Planungsverzögerungen und Probleme wie ein fehlendes Gutachten öffentlich gemacht hatte, haben sich die politischen Kontrahenten in einer von SPD und SSW beantragten Aktuellen Stunde einen heftigen Schlagabtausch geliefert.
Sozialdemokraten und Vertreter der dänischen Minderheitspartei warfen Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erneut vor, Wahlkampfversprechen im Eiltempo einzukassieren und dafür andere zum Sündenbock zu machen. Günther hatte angekündigt, die A20 unter seiner Führung noch in dieser Legislaturperiode fertigzustellen.
Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) sagte: „Wenn der Ministerpräsident behauptet, Reinhard Meyer habe ihn und seine Regierung ’hinter die Fichte geführt‘, könnte es sein, dass er bei der Fülle seiner unhaltbaren Wahlversprechen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.“ In seiner Rede ging der Fraktionsschef auf die Vorwürfe von Union und FDP ein, der damalige Wirtschaftsminister Meyer habe die Einstellung der Planungen für zwei Bauabschnitte angeordnet und der Öffentlichkeit verschwiegen, dass die südöstlich von Itzehoe lebenden Zwergschwäne ein Hindernis für die Planfeststellung seien.
Man solle ihm die dienstliche Notiz Meyers zeigen, in dem dieser den Planungsstopp verkündet habe, forderte Stegner. Und was die Zwergschwäne anbelange, so sei deren Existenz spätestens seit 2008 bekannt gewesen. Ähnlich argumentierte Lars Harms (SSW): „Alle, die es wissen wollten, hätten es wissen können“, sagte er.
Arp: Vorgängerregierung hat gelogen
Hans-Jörn Arp (CDU) entgegnete: Daniel Günther habe sein Wahlversprechen „aus einem Datenstand abgeleitet, der falsch war“. Die Union hatte in einer Kleinen Anfrage nachgehakt, ob es neue „natur- oder artenfachliche Gründe“ gebe, die die A20-Trassenführung gefährden könnten. Spätestens in der Antwort vom Februar 2017 dazu hätte das damalige Verkehrsministerium über die 360 Zwergschwäne informieren müssen, kritisierte Arp. Er warf der alten Landesregierung „Arbeitsverweigerung“ vor und bezichtigte sie erneut der Lüge. In dieselbe Richtung argumentierte auch Christopher Vogt (FDP): Die SPD habe die Öffentlichkeit getäuscht, um einen Wahlsieg nicht zu gefährden. Die von ihr mit dem SSW beantragte Aktuelle Stunde sei Ausdruck einer „verkehrspolitischen Geisterfahrt“.
Kompromisse mit Naturschützern suchen
Den Blick voraus richtete Eka von Kalben (Grüne). Sie mahnte an, die „Naturschützer als Partner auf Augenhöhe“ zu sehen, Kompromisse zu suchen und auf diese Weise die „bestmögliche Trasse“ zu finden.
Jörg Nobis (AfD) machte den Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV) als Hauptschuldigen für den Baustillstand aus: Dieser müsse „von Kopf auf die Füße gestellt werden“. Zudem brauche es mehr Planer in der Behörde.
Bis Ende des Jahres neuer Zeitplan
„Wir müssen darüber nachdenken, wie wir es hinbekommen, unter Wahrung aller Interessen den Weiterbau schneller hinzubekommen“, befand Wirtschaftsminister Buchholz. Der Minister, der das Thema A20 kürzlich zur Chefsache erklärt hatte, skizzierte, wie er sich die weitere Arbeit vorstellt. Es werde „wöchentliche Jour-Fixe“, also Besprechungen zum Thema, geben. Ferner würden jede Woche Teilaspekte abgearbeitet. Bis Ende 2017 soll dann ein neuer Zeitplan stehen. Sein Haus habe zudem „die professionelle Unterstützung“ der bundeseigenen Planungsgesellschaft DEGES für die gesamte A20 angefragt und mit den Naturschutzverbänden Gesprächstermine vereinbart.